Mit einer Rede über das Lesen, die «Privatisierung der Schrift», die Zugänglichkeit von privaten Daten und die «Reduktion von Wirklichkeit auf Entweder-Oder-Verhältnisse» eröffnete Adolf Muschg die Messe, die bis zum 15. November dauert. Auch die Gründe für die Handlungsunfähigkeit in der Finanz- und Flüchtlingskrise sieht der 81-Jährige in einer «kurzschlüssigen Orthodoxie».
«Geschrieben wird mehr als je in der menschlichen Geschichte», begann der Büchner-Preisträger seine tief greifende Eröffnungsrede zum Zustand des Lesens (und Schreibens). Doch sei den «Lettern und Zahlen-Symbolen, die wir buchstäblich en passant anklicken, die Herkunft aus der materiellen Welt kaum mehr anzumerken».
In Hinblick auf Finanzkrise, Griechenland-Dilemma und Flüchtlingsströme konstatierte der Schriftsteller: «Wenn die ökonomische Raison gestern keine Grenzen kannte, kann sie heute auch nicht mit Grenzen umgehen, anders gesagt: wer nur Zahlen lesen kann, liest auch sie nicht recht.» Und weiter: «Es scheint, man kann des Schreibens mächtig werden ohne lesen zu lernen.»
Fest stehe: «Lesen, das heisst in fast jedem Fall: digital», so Muschg. «Die Bibliothek von einst wird körperlos.»