Kennen Sie das? Sie wollen sich einen gemütlichen Fernsehabend machen – und schon wieder ist da Chris von Rohr. Sie sitzen im Auto, schalten das Radio ein und schon wieder singt da DJ Bobo. Sie schlagen die Zeitung auf, freuen sich auf Kaffee und Gipfeli, und schon wieder hebt Christoph Blocher den Zeigefinger.
Vermutlich kommt Ihnen das bekannt vor, schliesslich gehören diese drei zu den «nervigsten Schweizern», wie die repräsentative Umfrage des Meinungsforschungs-Instituts Isopublic im Auftrag von SonntagsBlick ergeben hat. Aber wie lautet doch das Sprichwort: «Je grösser die Anzahl deiner Feinde, desto grösser dein Erfolg.» Das gilt für alle, ausser natürlich für Sven Epiney.
Für ihre repräsentative Umfrage befragten die Mitarbeiter von Isopublic 503 Personen, der Bevölkerungsstruktur der Schweiz entsprechend ausgewählt. Drei Viertel der Befragten stammen aus der Deutschschweiz, ein Viertel aus der Romandie. Es wurden genau so viele Männer wie Frauen befragt. Altersmässig stellen die 18- bis 44-Jährigen mit 54 Prozent eine knappe Mehrheit. In dieser Altersgruppe schnitt denn auch der Erstplatzierte, Ex-Bundesrat Christoph Blocher, als besonders nervig ab. Ganz im Gegensatz zum zweitplatzierten Parteikollegen Christoph Mörgeli. Zweifelsohne hat Blocher seinen ersten Platz aber zum grossen Teil seiner ausserordentlichen Unbeliebtheit im Welschland zu verdanken.
Weitere Kandidaten, die besonders im französischen Landesteil reizen, sind Pascal Couchepin, DJ Bobo – Musik kennt eben keine Sprachbarrieren – und Ursula Andress.
Und noch mehr Auffälligkeiten lassen sich aus der Erhebung herauslesen. So nervt UBS-Chef Marcel Ospel, immerhin der Dritte im Feld, vor allem die Besserverdienenden, ganz im Gegensatz zu seinem früheren Gegenspieler, dem letzten Swiss-air-CEO Mario Corti.
Die höchstplatzierte Frau, Aussenministerin Micheline Calmy-Rey verdankt ihre Werte vor allem den Männern, anders als Schlagerstar Francine Jordi, deren Nervwerte bei den Männern im nicht mehr messbaren Bereich liegen.
Unterschiede zwischen Stadt und Land lassen sich seltener feststellen. Immerhin fällt auf, dass Moderator Roman Kilchsperger und Rapper Stress besonders in den Städten schlecht ankommen; bei Jürg Marquard und Eveline Widmer-Schlumpf ist es genau umgekehrt.
Eines aber ist allen gemein: je bekannter, desto nerviger. Ausser Sven Epiney natürlich. Und Roger Federer.
Ganz nach dem guten alten Motto «Zeit ist Geld» reagieren wir heutzutage empfindlich auf Menschen, die unsere Aufmerksamkeit missbrauchen.
Aber man muss aufpassen und unterscheiden: Nervensägen – so definierte einmal der international bekannte amerikanische Psychotherapeut Paul Frisch – , wahre Nervensägen manipulieren andere Menschen und werten sie ab, weil sie selbst unsicher sind.
Aber es gibt auch noch den anderen Fall: Menschen, die nerven, weil sie einen Standpunkt haben. Nicht ohne Grund schrieb die Management-Trainerin Irene Becker ein Buch mit dem Titel «Everybody’s Darling, everybody’s Depp»: Wer versucht, es allen recht zu machen, der nervt vielleicht nicht, aber er verdient sich auch keinen Respekt. Kein Wunder also, dass neben bekannten Politikern wie Lucrezia Meier-Schatz auch streitbare Geister und Querköpfe wie Roger Schawinski oder der engagierte Rapper Gimma auf der Liste weit oben gelandet sind.
Und dann gibt es natürlich diejenigen, die aus anderen Gründen nerven: Alien-Philosoph Erich von Däniken mit seinen Fantasien von pyramidenbauenden Ausserirdischen; Bühnenbombe Nella Martinetti, von deren Leben wir weit mehr wissen, als wir wissen wollen; Fussballer Hakan Yakin, der mit seinem Primadonnen-Gehabe fast seine WM-Teilnahme vermassselte; Tennis-Star Martina Hingis, der wohl das ganze Land Verständnis entgegengebracht hätte, wenn sie sich zu den Kokain-Vorwürfen etwas klarer geäussert hätte. Oder Astrologin und Ex-Mannequin Elizabeth Teissier, Jahrgang 1938, deren Sterne bis heute nicht in der «Hochzeitskonstellation» stehen.
Sie alle nerven den einen oder anderen. Aber sie alle gehören auch irgendwie zu uns. Wie anstrengend und unerfreulich wäre das Leben, wenn wir ihm nicht dann und wann mit dem französischen Philosophen Jean-Paul Sartre begegnen könnten: «Die Hölle, das sind die anderen.»
+/-4,4 Prozent. Die Teilnehmer wurden zwischen dem 18. und dem 20. Dezember 2007 im Auftrag des SonntagsBlick von Isopublic, Institut für Markt- und Meinungsforschung in Schwerzenbach ZH, befragt.
+/-4,4 Prozent. Die Teilnehmer wurden zwischen dem 18. und dem 20. Dezember 2007 im Auftrag des SonntagsBlick von Isopublic, Institut für Markt- und Meinungsforschung in Schwerzenbach ZH, befragt.
Aloys Hirzel: Dafür gibt es verschiedene Gründe. Leute nerven, wenn sie unsere Erwartungen nicht erfüllen. Neid spielt eine grosse Rolle, und manchmal haben wir einfach eine ganz andere Überzeugung. Je bekannter eine Person ist, desto eher eckt sie irgendwo an.
Gelten für alle die gleichen Regeln?
Bei Schauspielern zum Beispiel liegt unsere Toleranzgrenze wesentlich höher. Öffentliche Auftritte gehören zu ihrem Beruf. Eine Person aber, die ohne ersichtlichen Grund ständig in der Öffentlichkeit steht, nervt viel schneller.
Kann man sein Image verbessern?
Kommerzieller Erfolg alleine genügt nicht. Nervige Leute haben vor allem Schwächen in den Sozialkompetenzen, dort müssen sie ansetzen. Ein anderes Mittel wäre, das eigene Verhalten zu verändern, aber gerade bei Politikern macht das wohl wenig Sinn. Sie würden ihre Glaubwürdigkeit bei den eigenen Wählern verlieren.
Das nervige Image als Strategie?
Wenn ein Politiker auffällt, erreicht er natürlich einen höheren Bekanntheitsgrad. Ein Politiker, der polarisiert, nervt zwar viele, hat aber gleichzeitig eine starke Fangemeinde. Ob das am Ende reicht, ist fraglich. Als Konzept-Strategie würde ich das jedenfalls niemandem empfehlen.
Interview Stefan Roschi
Aloys Hirzel: Dafür gibt es verschiedene Gründe. Leute nerven, wenn sie unsere Erwartungen nicht erfüllen. Neid spielt eine grosse Rolle, und manchmal haben wir einfach eine ganz andere Überzeugung. Je bekannter eine Person ist, desto eher eckt sie irgendwo an.
Gelten für alle die gleichen Regeln?
Bei Schauspielern zum Beispiel liegt unsere Toleranzgrenze wesentlich höher. Öffentliche Auftritte gehören zu ihrem Beruf. Eine Person aber, die ohne ersichtlichen Grund ständig in der Öffentlichkeit steht, nervt viel schneller.
Kann man sein Image verbessern?
Kommerzieller Erfolg alleine genügt nicht. Nervige Leute haben vor allem Schwächen in den Sozialkompetenzen, dort müssen sie ansetzen. Ein anderes Mittel wäre, das eigene Verhalten zu verändern, aber gerade bei Politikern macht das wohl wenig Sinn. Sie würden ihre Glaubwürdigkeit bei den eigenen Wählern verlieren.
Das nervige Image als Strategie?
Wenn ein Politiker auffällt, erreicht er natürlich einen höheren Bekanntheitsgrad. Ein Politiker, der polarisiert, nervt zwar viele, hat aber gleichzeitig eine starke Fangemeinde. Ob das am Ende reicht, ist fraglich. Als Konzept-Strategie würde ich das jedenfalls niemandem empfehlen.
Interview Stefan Roschi