Die Systeme, die Forschende des Instituts für Bioingenieurwesen der ETH Lausanne (EPFL) und der Universität Genf entwickeln werden, sollen grundlegende Informationen darüber liefern, wie Zellen auf osmotische Schocks reagieren. Denn das ist wichtig bei Infektionen und bei der Nieren- und Darmfunktion.
Die Wissenschaftler «werden auch mehr über die Zellmigration erfahren, die für viele Zellprozesse wie die Wundheilung, die Ausbreitung von Krebszellen und die immunologische Reaktion von entscheidender Bedeutung ist», kündigten die beiden Unis in einer Mitteilung vom Freitag an.
Fast jeder hat die Mechanismen der Zellhydrierung schon schmerzhaft am eigenen Leib erfahren müssen, beispielsweise nach dem übermässigen Genuss von Alkohol. Der sogenannte Kater «wird durch ein Wasserungleichgewicht in unserem Körper verursacht», erläutert Sylvie Roke, die Leiterin des Labors für grundlegende BioPhotonik der EPFL. «Unsere Zellen werden dehydriert, da sie den Alkohol durch Osmose ausscheiden».
«Wenn zwei Flüssigkeiten mit unterschiedlichen Konzentrationen eines bestimmten gelösten Stoffes durch eine semipermeable Membran in Kontakt kommen, entsteht Osmose», führt Aurélien Roux, Professor für Biochemie an der Universität Genf, aus.
«Das Wasser geht von der Flüssigkeit mit niedrigerer Konzentration in die Flüssigkeit mit höherer Konzentration über, bis sich ein Gleichgewicht zwischen den beiden Flüssigkeiten einstellt». Die Zellmembranen sind semipermeabel, sie lassen Wasser durch, aber keine Ionen.
Die Membranen schützen die Zellen vor ihrer Umgebung. Indem sie die elektrische Aktivität der Zellen und den Austausch von Verbindungen mit den umgebenden Flüssigkeiten regulieren, halten sie die Zellen gesund und stabil.
Wenn Osmose stattfindet, bläht sich eine Zelle auf oder sie schrumpelt zusammen. Das verändert die Spannung der Zellmembranen - wie bei Ballons. «Die Kontrolle dieser Spannung ist genauso wichtig wie die Kontrolle unserer Körpertemperatur», sagt Roux. «Erstens kann die Zellmembran bei zu hoher Spannung reissen. Zweitens spielt diese Spannung eine wichtige Rolle bei der Regulierung vieler zellulärer Prozesse».
Über die Spannung der Zellmembran habe es schon viele Studien gegeben, schreibt das Forscherteam, doch sei die Auflösung der verwendeten Abbildungen ungenügend, um die zugrunde liegenden molekularen Wechselwirkungen gründlich zu untersuchen.
Roke und Roux planen daher die Entwicklung neuer Systeme für nichtlineare Bildgebung und optische Spektroskopie, die sich auf die im Labor der EPFL entwickelte Technologie stützen. Geplant ist der Bau von zwei Mikroskopen: eines, das mit Sonden beobachtet, wie Wassermoleküle mit den Lipiden, aus denen eine Zellmembran besteht, interagieren, und ein anderes, mit dem die Membranspannung mit einer noch nie dagewesenen räumlichen und zeitlichen Auflösung untersucht werden kann.
(SDA)