Der «SonntagsBlick» hat berichtet: Die Swiss Life zahlt für ein Baugrundstück am Stadtrand von Zürich 12'718 Franken pro Quadratmeter. Das ist insofern keine Sensation, weil die SRG letztlich bloss den inzwischen marktüblichen Preis verlangt und erhalten hat.
Doch genau das ist der Skandal, der uns zwingen sollte, genau darüber nachzudenken, was solche Preise nicht nur für Käufer und Verkäufer, sondern für die ganze Wirtschaft und Gesellschaft bedeuten.
Rechnen wir: Im Areal Leutschenbach dürfen pro Quadratmeter Land 1,7 Quadratmeter Geschossfläche überbaut werden. Das bedeutet im besten Fall 1,4 Quadratmeter vermietbare Wohnfläche. Ergibt einen Quadratmeterpreis von gut 9000 Franken allein für das Grundstück. Laut dem Immobilienberater Wüest Partner werfen Schweizer Immobilienanlagen 3,6 Prozent Nettorendite ab. 3 Prozent braucht die Swiss Life mindestens, um die versprochenen Renten finanzieren zu können.
Keine Gegenleistung
Für die Mieter heisst das, dass sie pro Quadratmeter Wohnfläche neben den eigentlichen Mietkosten (für Unterhalt, Reparatur, Verwaltung, Heizung etc.) jährlich 270 Franken reine «Boden-Steuer» bezahlen müssen. Das sind für eine Wohnung von 100 Quadratmetern 2250 Franken monatlich oder gut 20 Prozent des Bruttoeinkommens beziehungsweise doppelt so viel, wie der durchschnittliche Haushalt an direkten Steuern bezahlt. Doch für diese erhalten wir eine Gegenleistung – also Strassen, Schulen, Polizei, Schwimmbäder.
Die 2250 Franken hingegen sind ein leistungsloser Transfer von Mietern hin zu den Bodenbesitzern, beziehungsweise den Verkäufern der teuren Grundstücke.
Wir zahlen für hohe Bahnhofmieten
Doch wir zahlen nicht nur als Mieter, sondern auch als Konsumenten. Ein Beispiel: Die SBB rentabilisiert ihre Bahnhöfe und kassiert im Hauptbahnhof Zürich Mieten von 3000 bis 5000 Franken pro Quadratmeter, bei einem Umsatz von 25'000 Franken pro Quadratmeter. Das heisst, dass wir auf jedem Franken, den wir im Shop-Ville ausgeben 10 bis 15 Rappen Bodensteuer entrichten müssen.
Klar, nicht jeder muss 20 Prozent vom Einkommen und 10 Prozent von den Konsumausgaben an die Bodenbesitzer abgeben. Einige sind auch in die Vororte gezogen, wohnen in Genossenschaften oder in einem geerbten Haus. Doch da das Immobilieneigentum sehr einseitig verteilt ist, bedeuten die steigenden Bodenpreise per Saldo doch eine gewaltige Umverteilung von unten nach oben. Gleichzeitig wird damit ein Teufelskreis in Gang gesetzt.
Unterschied wird grösser
Wie? Gemäss den AHV-Statistiken sind die Arbeitseinkommen des ärmsten Zehntels seit 1982 real um 51 Prozent, die des reichsten Zehntels aber um 218 Prozent und die des reichsten Hundertstels um 293 Prozent – also fast um das Dreifache! – auf 296'000 Franken jährlich gestiegen.
Dazu kommen noch die noch einseitiger verteilten Kapitaleinkommen. Diese stammen nicht zuletzt aus dem Besitz von Immobilien, deren Wert sich laut SNB seit 2004 auf über 2000 Milliarden Franken mehr als verdoppelt hat. Mangels Alternativen werden diese zusätzlichen Einnahmen und Vermögen gerne in Immobilien investiert, was wiederum die Preise für Bauland und die Mieten erhöht. Und so weiter.
Dieser Umverteilungsmechanismus ist bisher kaum erforscht und diskutiert worden. Zu unrecht, denn er bedroht nicht nur den sozialen Frieden. Wenn wir Geld für Essen, Unterhaltung, Autos, Bauarbeiten etc. ausgeben, sorgen wir für Beschäftigung. Ausgaben für die Boden-Steuer hingegen sind reine Umverteilung. Sie vernichten nur dann keine Jobs, wenn – vereinfacht gesagt – das reichste Prozent noch mehr konsumiert. Doch das wären dann noch mehr Golfplätze, Drittresidenzen, Luxusjachten und ähnliches. Nichts, was unsere Leben schöner macht.
Widerstand programmiert
Bisher können wir diesen Nachfrage-Ausfall noch durch rekordhohe Exportüberschüsse und durch die von der Nettoeinwanderung nötigen Investitionen einigermassen kompensieren. Dennoch müssen wir das Problem der «Bodensteuer» endlich auf die politische Agenda setzen.
Einfach ist das allerdings nicht, denn jeder Eingriff bedeutet nicht nur, sondern bezweckt eine Wertverminderung des Baugrunds. An diesem aber hängt unser ganzes Kreditsystem.