Neues Gerät lässt Suff-Fahrer auffliegen
Wer nicht bläst, fährt nicht

Alkohol-Wegfahrsperren verunmöglichen es betrunkenen Chauffeuren, den Motor zu starten. In Schweden sind sie Pflicht – nicht so in der Schweiz. Jetzt geht ein Walliser Busunternehmen neue Wege und setzte auf die elektronischen Polizisten.
Publiziert: 26.12.2017 um 23:37 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 18:50 Uhr
Konrad Staehelin (Text) und Sina Albisetti (Fotos und Video)

Das Car-Unternehmen Buchard Voyages in Leytron VS hat zwölf seiner Fahrzeuge mit Alkohol-Wegfahrsperren ausgerüstet: Um den Motor anzulassen, muss der Chauffeur erst ins Plastikröhrli eines faustgrossen Testgeräts blasen. Schlägt es an, springt der Motor nicht an. 

Auch die Firma Vetsch Beton in Pragg-Jenaz GR hat das sogenannte Alcolock-System in seine 13 Betonmischer und Lastwagen eingebaut.

Jürg Wolf mit einem Alkolock-Gerät vor einem seiner LKW.
Foto: Jakob Menolfi

Buchard Voyages und Vetsch Beton gehören zu den ganz wenigen Firmen in der Schweiz, die auf solche Systeme setzen. Grund: In der Schweiz besteht dazu keine Pflicht. 

«Ich bin ein Sicherheits- und Technologiefreak», begründet Car-Unternehmer Jean-Albert Buchard (56) den Schritt, als BLICK ihn im Wallis besucht. «Darum will ich meine Cars immer auf dem neusten technologischen Stand haben.»

Auf seinem Werkgelände im Wallis kann BLICK den Alkoholtester selbst ausprobieren: Nüchtern springt der Motor sofort an, nach einem Glas Fendant nicht mehr. In der Schweiz gilt zwar für Autofahrer ein Grenzwert von 0,5 Promille, Berufschauffeure gelten dagegen schon ab 0,1 Promille offiziell als blau.

«Das ist mir die Sicherheit meiner Passagiere wert»

2800 Franken kostet die Abfahrsperre pro Fahrzeug. Für Buchard bedeutet das bei zwölf Fahrzeugen Mehrkosten von fast 34'000 Franken. Hinzu kommen jährlich 2000 Franken, um die Geräte zu kalibrieren. «Das ist mir die Sicherheit meiner Passagiere wert», sagt der Patron. 

In Schweden sind die Wegfahrsperren – anders als in der Schweiz – für LKW, Cars und Busse, Schulbusse und Taxis Pflicht. In Finnland und Frankreich ist die Alkohol-Wegfahrsperre zumindest in Schulbussen vorgeschrieben. Die Bilanz: sehr positiv.

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Patron Jean-Albert Buchard bläst ins Messgerät.

Und was halten Schweizer Transporteure – abgesehen von den Pionieren Buchard und Vetsch Beton – von solchen Ideen? 

Sie sind der Meinung, hierzulande sei alles in Butter. Spediteur Planzer aus Dietikon ZH etwa antwortet auf die Anfrage, Alkohol stelle bei ihm kein Problem dar. Konkurrent Bertschi aus Dürrenäsch AG schreibt, man führe permanent Alkoholkontrollen durch. Und die Car-Firma Eurobus: «Seit vielen Jahren muss jeder Chauffeur zweimal pro Jahr vor der Fahrt einen unangekündigten Alkoholtest machen.» 

Ein Toter in sechs Jahren: Für das Bfu besteht kein Handlungsbedarf

Die Beratungsstelle für Unfallverhütung (Bfu) begrüsst zwar freiwillige Massnahmen, sieht aber im Schwerverkehr ebenfalls keinen Bedarf für die Einführung von Alkoholtestern. Ein Sprecher begründet: «Bei Unfällen, bei denen Lastwagen- oder Buschauffeure alkoholisiert waren, gab es in den letzten sechs Jahren einen Toten und sieben Schwerverletzte.»

Winti-Busse haben Alkoblock-Projekt abgeblasen

Die Carfirma Buchard Voyages ist der Alcolock-Pionier: Kein anderes Unternehmen, das Personen befördert, hat in der Schweiz solche Wegfahrsperren eingebaut.

Fast wären die Busse in Winterthur ZH den Wallisern jedoch zuvorgekommen und hätten ihre Chauffeure blasen lassen. Man prüfe den Einsatz der Wegfahrsperren, liess sich Direktor Thomas Nideröst 2014 im SonntagsBlick zitieren.

BLICK will drei Jahre später wissen, was aus dem Projekt geworden ist: Nichts! Das Projekt wurde abgeblasen. Grund: Persönlichkeitsschutz.

Ein Pressesprecher erklärt: «Stellen Sie sich vor: Sie steigen als Fahrer ein, 30 Personen sitzen im Bus, alle warten gespannt, ob Sie nun fahren dürfen. Der Motor springt aus einem technischen Grund nicht an – zu welchem Schluss kommen wohl die Fahrgäste?» Auch in diesem Fall müsse die Unschuldsvermutung für den Fahrer gelten, doch das sei so nicht garantiert.

Stattdessen teste man die Chauffeure seit drei Jahren regelmässig und unangemeldet. «Alle bisherigen Kontrollen sind mit 0,0 Promille negativ ausgefallen.»

Die Carfirma Buchard Voyages ist der Alcolock-Pionier: Kein anderes Unternehmen, das Personen befördert, hat in der Schweiz solche Wegfahrsperren eingebaut.

Fast wären die Busse in Winterthur ZH den Wallisern jedoch zuvorgekommen und hätten ihre Chauffeure blasen lassen. Man prüfe den Einsatz der Wegfahrsperren, liess sich Direktor Thomas Nideröst 2014 im SonntagsBlick zitieren.

BLICK will drei Jahre später wissen, was aus dem Projekt geworden ist: Nichts! Das Projekt wurde abgeblasen. Grund: Persönlichkeitsschutz.

Ein Pressesprecher erklärt: «Stellen Sie sich vor: Sie steigen als Fahrer ein, 30 Personen sitzen im Bus, alle warten gespannt, ob Sie nun fahren dürfen. Der Motor springt aus einem technischen Grund nicht an – zu welchem Schluss kommen wohl die Fahrgäste?» Auch in diesem Fall müsse die Unschuldsvermutung für den Fahrer gelten, doch das sei so nicht garantiert.

Stattdessen teste man die Chauffeure seit drei Jahren regelmässig und unangemeldet. «Alle bisherigen Kontrollen sind mit 0,0 Promille negativ ausgefallen.»

Dem entgegnet Jürg Wolf (56), Geschäftsführer von Vetsch Beton: «Das sind ein Toter und sieben Schwerverletzte zu viel.» Oft sei es schlicht Glück, wenn nichts passiere. «Alkohol im Schwerverkehr ist ein Problem.» Ein Gesetz dazu will er aber nicht: «Ich finde, man sollte das den Unternehmen überlassen.»

Die Bevölkerung müsse hinter einer solchen Massnahme stehen

Dieser Meinung ist auch Chantal Bourloud (36), Geschäftsleiterin der Fachstelle ASN (steht für: Am Steuer nie): «In den letzten Jahren hat die Schweiz enorm viel für die Sicherheit im Verkehr gemacht und damit grossen Erfolg gehabt.» Wichtig sei, dass die Bevölkerung hinter diesen Massnahmen stehe. «Das wäre aber gefährdet, wenn alle Firmen Zehntausende Franken in ihre Fahrzeuge einbauen müssten.»

Kennen Sie ein anderes Schwerverkehrs-Unternehmen, das Alkohol-Wegfahrsperren installiert hat? Rufen Sie uns unter 079 813 80 41 an. Oder schreiben Sie uns unter wirtschaft@ringier oder aufWhatsapp unter 8989.

Bund zeigt Blasröhrli die kalte Schulter

In den USA oder in Frankreich ist es längst normal: Wegfahrsperren für Suff-Fahrer. Wer sein Billett auf unbestimmte Zeit wegen Suff-Fahrten verloren hat, darf nach einer Therapie wieder fahren. Aber nur, wenn er jedes Mal bläst, bevor er sich hinters Lenkrad setzt.

In der Schweiz hätte eine solche Regelung ab 2019 ebenfalls eingeführt werden sollen. So entschied es das Parlament 2012. Jetzt soll der Plan gekübelt werden. Der Ständerat hat dem schon zugestimmt, im Frühjahr gibt der Nationalrat sein Votum ab.

Angestossen hat die Streich-Idee der Bundesrat. Ein Sprecher des zuständigen Bundesamts für Strassen (Astra) erklärt auf Anfrage: «Wir konzentrieren unsere Ressourcen auf Projekte, die mehr Erfolg versprechen. Zum Beispiel eine Lichtpflicht für E-Velos. Der Ertrag der Alkolock-Pflicht wiegt den Aufwand nicht auf.»

Wie viele Personen die Blasmaschine wirklich einbauen müssten, weiss das Astra nicht. Die Beratungsstelle für Unfallverhütung (Bfu) behauptet dafür zu wissen, wie viele Personen davon profitieren würden: Pro Jahr gäbe es laut ihren Berechnungen bis zu 60 Schwerverletzte und fünf Todesopfer weniger.

In den USA oder in Frankreich ist es längst normal: Wegfahrsperren für Suff-Fahrer. Wer sein Billett auf unbestimmte Zeit wegen Suff-Fahrten verloren hat, darf nach einer Therapie wieder fahren. Aber nur, wenn er jedes Mal bläst, bevor er sich hinters Lenkrad setzt.

In der Schweiz hätte eine solche Regelung ab 2019 ebenfalls eingeführt werden sollen. So entschied es das Parlament 2012. Jetzt soll der Plan gekübelt werden. Der Ständerat hat dem schon zugestimmt, im Frühjahr gibt der Nationalrat sein Votum ab.

Angestossen hat die Streich-Idee der Bundesrat. Ein Sprecher des zuständigen Bundesamts für Strassen (Astra) erklärt auf Anfrage: «Wir konzentrieren unsere Ressourcen auf Projekte, die mehr Erfolg versprechen. Zum Beispiel eine Lichtpflicht für E-Velos. Der Ertrag der Alkolock-Pflicht wiegt den Aufwand nicht auf.»

Wie viele Personen die Blasmaschine wirklich einbauen müssten, weiss das Astra nicht. Die Beratungsstelle für Unfallverhütung (Bfu) behauptet dafür zu wissen, wie viele Personen davon profitieren würden: Pro Jahr gäbe es laut ihren Berechnungen bis zu 60 Schwerverletzte und fünf Todesopfer weniger.

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