Nestlé setzt auf Milch ohne Tiere und veganen Thunfisch
Die Erbse ist die neue Kuh

Der Nahrungsmittelmulti Nestlé tüftelt im Emmental an gesunden, klimafreundlichen Nahrungsmitteln. Konzernchef Mark Schneider eröffnete neben der Nestlé-Fabrik in Konolfingen BE ein Innovationszentrum, wo Millennials innert sechs Monaten Trendprodukte entwickeln.
Publiziert: 28.09.2020 um 20:15 Uhr
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Aktualisiert: 29.09.2020 um 11:02 Uhr
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Nestlé-Chef Mark Schneider: «Innovation bei Milchprodukten und pflanzlichen Milchalternativen aus Konolfingen sind für Nestlés Produktportfolio und Nachhaltigkeitsagenda strategisch bedeutend.»
Foto: Claudia Gnehm
Claudia Gnehm

Bei Nestlé geht es Schlag auf Schlag mit neuen Lebensmitteln, über die die breite Bevölkerung bis vor kurzem noch die Nase gerümpft hätte. Auf vegane Burger und Hackfleisch folgte letzten Monat der vegane Thunfisch, und jetzt steht Milch basierend auf Erbsen und Saubohnen vor dem Markteintritt.

Letztere wurden in ein paar Monaten im Emmental von Millennials entwickelt – konkret im neuen Forschungs- und Entwicklungsbeschleuniger bei der Nestlé-Fabrik in Konolfingen BE. Hier entstehen neue Produkte, «die gut für die Gesundheit und gut für den Planeten sind», wie Konzernchef Mark Schneider (54) bei der Eröffnung des Innovationszentrums sagte.

Millennials füllen Nestlés Produkte-Pipeline

Neben den Weiden mit Kühen beherbergt Nestlé hier Teams von Start-ups, Studierenden und Forschenden. Mithilfe von Nestlés globaler Expertise für milch- und pflanzenbasierten Produkten vor Ort sollen es die Innovationen innert sechs Monaten vom Labor auf den Markt schaffen.

Ein solches Training durchlief die 31-jährige Marine Zermatten, Consumer Insight-Spezialistin bei Nestlé. Wie viele Millennials mag sie klimafreundliche, pflanzliche Alternativen zu Milch. Es nervte sie aber, dass Soja-, Reis-, Hafer- und andere Milchalternativen in Kaffee und Tee wässrig werden. Ihre Milch basierend auf Erbsen dagegen macht ein schönes Cappuccino-Schäumchen. Sie kommt bald auf den europäischen Markt.

Pflanzliche Alternativen treffen Nerv der Zeit

Nestlé hat die letzten fünf Jahre 35 Millionen Franken in die Forschung und Entwicklung in Konolfingen investiert. Für den weltgrössten Nahrungsmittelmulti ist Konolfingen nach Lausanne das zweite Innovationszentrum in der Schweiz. Lausanne entwickelte den veganen Burger und Thunfisch. Mit pflanzlichen Fleischalternativen setzte Nestlé letztes Jahr rund 200 Millionen Franken um.

Und trifft mit den Imitaten offenbar den Nerv der Zeit: Detailhändler Coop, der die pflanzliche Thunfisch-Alternative Vuna verkauft, bezeichnet die Nachfrage nach fünf Wochen als «sehr hoch».

Life-Beratung von 100 Fabriken

Milchprodukte sind am Standort mit 1000 Mitarbeitern aber nicht passé. Nestlé ist mit 118'000 Tonnen pro Jahr einer der grossen Milchkäufer hierzulande. Der Konzern will aber den Klimafussabdruck der Milchprodukte von der Weide bis auf den Teller massiv reduzieren. Dazu schult Nestlé die Bauern um Konolfingen. Auch weltweit durchliefen 84'000 von total 210'000 Bauern, die Nestlé beliefern, ein Training.

Für noch etwas hat das beschauliche Emmentaler Dorf globale Bedeutung bei Nestlé. Gerade in der Pandemie war das Remote Support Center Nestlés in Konolfingen zentral. Von hier aus werden 100 Fabriken im Milchverarbeitungsbereich beraten und gesteuert.

Nestlé demonstrierte gleich live, wie es aus Konolfingen in Indonesien und Singapur in Fabriken über Video, Smart-Brillen und 3D-Modelle die Prozesse, Revisionen und neue Projekte hautnah begleiten kann. Das war besonders hilfreich, als im Lockdown Experten in Konolfingen die Kollegen weltweit virtuell beraten konnten.

Theoretisch könnten die Fabriken auch vom Emmental aus gesteuert werden, was aber nicht erlaubt ist. Laut Schneider will Nestlé die Weiterentwicklung der Unterstützungszentren nutzen, um die klimaschädliche Reisetätigkeit zu reduzieren.

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