Schweiz darf Kontoangaben an Frankreich herausgeben
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Niederlage für die UBS:Schweiz darf Kontoangaben an Frankreich herausgeben

Experte warnt vor Folgen der UBS-Datenauslieferung
«Das Urteil ist eines Rechtsstaats unwürdig»

Professor Peter V. Kunz überrascht den Entscheid des Bundesgerichts nicht. Dass die UBS die Daten von rund 40'000 französischen Kunden an Frankreich ausliefern müsse, habe weitreichende Folgen für den Finanzplatz Schweiz. Auch gegen korrekte Bankkunden würde ermittelt.
Publiziert: 26.07.2019 um 18:52 Uhr
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Aktualisiert: 27.07.2019 um 09:06 Uhr
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Peter V. Kunz. ist Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Bern.
Foto: Marcel Bieri
Claudia Gnehm

BLICK: Herr Kunz, hat Sie das Urteil überrascht?
Peter V. Kunz:
Ich bin nicht glücklich über das Urteil, es ist eines Rechtsstaats unwürdig. Aber ich habe mit diesem Ergebnis gerechnet. Die Gerichte und Behörden zeigten die letzten zehn Jahre eine immer grosszügigere Haltung gegenüber Datengesuchen. Das Urteil ist eine logische Weiterentwicklung davon.

Der Richter, der das Zünglein an der Waage spielte, war für die Auslieferung, weil der automatische Informationsaustausch sowieso der Trend der Zukunft sei.
Das zeigt, dass der AIA und das Prinzip der Transparenz über Steuerdaten gegenüber den Behörden bei den Richtern angekommen ist. In den letzten Jahren wurden auch vermehrt gestohlene Bankdaten als Beweise verwendet.

Die UBS befürchtet, dass der Entscheid dazu führt, dass andere Staaten in der Schweiz nach Daten fischen. Und Sie?
Das Urteil wird erhebliche Auswirkungen auf den Schweizer Finanzplatz haben. Alle Banken mit Auslandkunden, auch ehemaligen, müssen mit zahlreichen Amtshilfegesuchen rechnen. Positiv am Urteil ist, dass es nun festlegt, welche Art von Datengesuchen über Amtshilfe erlaubt sind. Vor zehn Jahren wäre dieses Gesuch der Franzosen allerdings noch als Fischzug beurteilt und deshalb abgelehnt worden.

Unter dem automatischen Informationsaustausch, wo Bern seit Ende 2018 Daten an ausländische Steuerbehörden sendet, müssen die Bankkunden sowieso ihre Steuerdaten deklarieren. Was gibt es da noch zu fischen?
Das Urteil öffnet nicht nur die Tore für weitere Fischzüge. Ich befürchte auch, dass die Vergangenheitsbewältigung neu aufgerollt wird. Das ist nicht nur für die Banken unangenehm, sondern auch für frühere Auslandkunden. Mit dem Urteil wird die einstige Zusicherung des Bankgeheimnisses gegenüber den Kunden rückwärts ausgehebelt.

Wenn sich die Kunden nichts zuschulden haben kommen lassen, dann müssen sie auch nichts befürchten, oder?
Doch. Es ist möglich, dass viele französische UBS-Kunden, deren Daten jetzt an Frankreich ausgeliefert werden, keine Kriminelle sind und alles korrekt gemeldet haben. Nun wird diesen Kunden aber trotzdem das Verfahren gemacht, und sie brauchen einen Anwalt. Das ist sehr unangenehm.

Rechnen Sie damit, dass die Franzosen die gelieferten Daten wirklich nicht für andere Verfahren nutzen, wie es das Bundesgericht verlangt?
Das Risiko, dass die Franzosen die Daten in das laufende Verfahren gegen die UBS einfliessen lassen, ist relativ gross. Womöglich nutzt die französische Staatsanwaltschaft sie gar formell. Im Minimum gehe ich davon aus, dass die Infos französischen Medien gesteckt werden. Das wiederum würde dem Ruf der UBS in Frankreich weiter schaden und das Appellationsgericht beeinflussen – wenn es über den Rekurs der UBS gegen die 5,8 Milliarden Franken Busse und Schadenersatzforderung entscheidet.

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