Pling! Auf dem Handy leuchtet ein SMS auf: «Bitte nehmen Sie Ihre Medikamente ein.»
Die Botschaft ist simpel, das SMS umso wertvoller: Dank ihm könnten im Schweizer Gesundheitswesen rund 3,6 Milliarden Franken eingespart werden. So hat es der Krankenkassenverband Santésuisse nun modellhaft berechnet.
Angebot für rund zwei Millionen chronisch Kranke
Es handelt sich um eine einfache Funktion – ein SMS oder einen Anruf, mit deren Hilfe die Empfänger daran erinnert werden, ihre Medikamente einzunehmen. Ein Angebot für rund zwei Millionen chronisch kranke Menschen, die hierzulande medizinische Leistungen im Wert von 48 Milliarden Franken beziehen. Dieser Wert entspricht 80 Prozent der Leistungen im Gesundheitswesen.
Das Nicht-Befolgen von medizinisch verordneten Therapien kostet die Schweizer Volkswirtschaft Unsummen – bis zu elf Milliarden Franken jährlich. So schätzten Experten der Bertelsmann Stiftung und des Strategieberaters Booz & Company, die jüngst eine Studie zur sogenannten Therapietreue veröffentlicht haben. Die Folgen dieses Fehlverhaltens sind unter anderem Zusatzuntersuchungen, Therapiewechsel, Notfallsituationen und sogar Spitalaufenthalte.
Über 800’000 Patienten könnten profitieren
Santésuisse geht davon aus, dass sich 40 Prozent der chronisch Kranken nicht an ihren Behandlungsplan halten. Das wären in der Schweiz über 800’000 Menschen.
Jeder Zehnte wolle ganz bewusst nicht alle Medikamente einnehmen, die er verschrieben bekam, so die Bertelsmann-Studie. Ein Drittel der Patienten hat aber schlicht vergessen, die Pillen einzunehmen. Genau jene soll das neue Modell ansprechen.
Zuerst und vor allem sei es Aufgabe des behandelnden Arztes, die Therapietreue zu überwachen, sagt Christophe Kaempf von Santésuisse. Aber: «Man könnte zusätzliche Versicherungsmodelle entwickeln, die das Prinzip der Therapietreue einfordern.» Eine Erweiterung auf die Medikamenteneinnahme sei vorstellbar. Das Modell müsse aber freiwillig sein und auch bleiben. «Es darf keine Bevormundung von urteilsfähigen Patienten geben», so Kaempf.
Fragezeichen bei Datenschutz-Regelungen
Margrit Kessler, Präsidentin des Schweizer Patientenschutzes, hält es für ein berechtigtes Ziel, die Therapietreue zu fördern. Sie stellt sich allerdings die Frage, «wer die SMS zur richtigen Zeit versendet und diese auch kontrolliert».
Abgesehen vom Datenschutz sieht das Bundesamt für Gesundheit (BAG) kaum Risiken. Die Einstellungen der SMS müssten selbstverständlich vom Fachspezialisten vorgenommen werden, so Salome von Greyerz, Expertin Gesundheitsstrategien beim BAG: «Der Absender der SMS müssten der Apotheker, die Arztpraxis oder das Spital sein.»
Der Anbieter dieses Service sei eine andere Sache: «Das BAG wäre der falsche», sagt von Greyerz. Ein solcher Dienst sei nicht Aufgabe eines Amtes. «Ich würde aber nicht ausschliessen, dass die Krankenkassen der Anbieter sein könnten.»
Während die Prämien munter steigen, werden in der Schweiz Jahr für Jahr Medikamente im Wert von einer halben Milliarde Franken weggeworfen. Das Bundesamt für Umwelt schätzt, dass 30 Prozent aller Arzneimittel unbenutzt im Müll landen. Es ist anzunehmen, dass ein grosser Teil kassenpflichtig ist – solche Präparate machen 80 Prozent des Marktes aus.
Ein unterschätztes Thema
Doch Politik und Medien nehmen dies kaum zur Kenntnis. Auf Anfrage heisst es dazu beim Bundesamt für Gesundheit nur: «Es ist ein unterschätztes Thema.» Wohl auch von Seiten des BAG selbst.
CVP-Nationalrätin Viola Amherd (VS) hatte den Bund 2014 per Vorstoss beauftragt, den Umfang des Phänomens abzuklären. Inzwischen ist eine Studie in Arbeit, die aufzeigen soll, was in der Schweiz gegen die Medikamentenverschwendung getan wird. Ihre Veröffentlichung ist frühestens im Sommer 2018 zu erwarten.
Arzneimittel in Apotheken in Einzeldosen
Amherd ist dieses Tempo zu gemächlich: «Wenn ich nur daran denke, wie viele Medikamente bis dahin den Bach hinuntergespült sein werden ...!» Sie fordert, dass Arzneimittel auch in Apotheken in Einzeldosen abgegeben werden.
Barbara Züst von der Stiftung SPO Patientenschutz will, dass Ärzte nicht mehr an der Medikamentenabgabe mitverdienen dürfen. Der Ärzteverband FMH hingegen lehnt dies ab und argumentiert, die Medikamentenabgabe durch Ärzte würde zu einer Kostenreduktion führen.
Bleibt zu hoffen, dass das BAG bis nächsten Sommer einen Plan hat, wie der Abfallberg von Medikamenten reduziert werden kann.
Während die Prämien munter steigen, werden in der Schweiz Jahr für Jahr Medikamente im Wert von einer halben Milliarde Franken weggeworfen. Das Bundesamt für Umwelt schätzt, dass 30 Prozent aller Arzneimittel unbenutzt im Müll landen. Es ist anzunehmen, dass ein grosser Teil kassenpflichtig ist – solche Präparate machen 80 Prozent des Marktes aus.
Ein unterschätztes Thema
Doch Politik und Medien nehmen dies kaum zur Kenntnis. Auf Anfrage heisst es dazu beim Bundesamt für Gesundheit nur: «Es ist ein unterschätztes Thema.» Wohl auch von Seiten des BAG selbst.
CVP-Nationalrätin Viola Amherd (VS) hatte den Bund 2014 per Vorstoss beauftragt, den Umfang des Phänomens abzuklären. Inzwischen ist eine Studie in Arbeit, die aufzeigen soll, was in der Schweiz gegen die Medikamentenverschwendung getan wird. Ihre Veröffentlichung ist frühestens im Sommer 2018 zu erwarten.
Arzneimittel in Apotheken in Einzeldosen
Amherd ist dieses Tempo zu gemächlich: «Wenn ich nur daran denke, wie viele Medikamente bis dahin den Bach hinuntergespült sein werden ...!» Sie fordert, dass Arzneimittel auch in Apotheken in Einzeldosen abgegeben werden.
Barbara Züst von der Stiftung SPO Patientenschutz will, dass Ärzte nicht mehr an der Medikamentenabgabe mitverdienen dürfen. Der Ärzteverband FMH hingegen lehnt dies ab und argumentiert, die Medikamentenabgabe durch Ärzte würde zu einer Kostenreduktion führen.
Bleibt zu hoffen, dass das BAG bis nächsten Sommer einen Plan hat, wie der Abfallberg von Medikamenten reduziert werden kann.