Chefin Simona Scarpaleggia erklärt, was alles anders wird
Ikea möbelt sich auf

Simona Scarpaleggia ist die Frau, die Ikea Schweiz aus der Komfortzone holen muss. Weil der Möbelriese lange nur auf analoges Shopping setzte, sind nun schnell digitale Lösungen gefragt. Das kann die Welt der Ikea-Fans schon ein wenig erschüttern.
Publiziert: 06.10.2018 um 10:47 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 19:36 Uhr
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Simona Scarpaleggia, Chefin von Ikea Schweiz: «Wir investieren stark in den Ausbau des Internetverkaufs und in die Digitalisierung unserer Einrichtungshäuser.»
Foto: Philippe Rossier
Ulrich Rotzinger

Über fehlende Kunden kann sich Simona Scarpaleggia (59) nicht beklagen. Über acht Millionen Besucher zählte die Ikea-Schweiz-Chefin im letzten Geschäftsjahr in ihren landesweit neun Einrichtungshäusern, die 1,05 Milliarden Franken Umsatz erzielten.

«Wir sind in den vergangenen zwölf Monaten leicht gewachsen», sagt Scarpaleggia, als sie BLICK am Hauptsitz in Spreitenbach AG zum Gespräch empfängt. Weil der Gesamtmarkt rückläufig gewesen sei, habe ihr Unternehmen Marktanteile hinzugewonnen. Das genaue Resultat für das am 31. August abgeschlossene Geschäftsjahr gibt sie erst im November bekannt.

Grosses Aufräumen in den Möbelhäusern

Trotz Wachstum muss Ikea Schweiz über die Bücher. Dass heisst: Aufräumen im Offline der Möbelhäuser, ausbauen im Online und E-Commerce. Eine Vorgabe vom neuen Konzern-Chef Jesper Brodin (50) an alle Ikea-Länder. «Auch Ikea Schweiz muss sich neu erfinden», sagt die Italienerin. Das Einkaufsverhalten habe sich schneller geändert als das Unternehmen und seine Mitarbeiter. «Wir waren lange zufrieden – sind vielleicht sogar zu zufrieden geworden.»

Die Tage, an denen die Angestellten an der Verkaufsfront nur Produkte herausgesucht und den Weg zum Abhollager gewiesen haben, sind gezählt. Scarpaleggia: «Wir müssen unsere Jobprofile überdenken und sie neu ausrichten. Den normalen Verkäufer von Produkten braucht es künftig immer weniger.» Manche Jobs werde es auch einfach nicht mehr geben. «Ganz klar bekommen Mitarbeiter da Angst.» 

«Jeder muss sich weiterentwickeln»

Ein Teil der schweizweit 2800 Angestellten wird bereits umgeschult. «Jeder muss sich weiterentwickeln, das ist wichtig», sagt Scarpaleggia. Dabei helfe Ikea auch gerne mit. Aus Verkäufern sollen künftig Einkaufsberater werden. «Die Beratung der Kunden und das Erarbeiten seiner Wünsche kann kein Algorithmus abnehmen.» 

Laut Scarpaleggia verfügt Ikea in der Schweiz bereits über eine effiziente Organisation. Darum muss sie nun nicht gleich den ganzen Laden umkrempeln, wie ihre Kollegen derzeit in den Nachbarländern. Dennoch haben die Pilottests, die in den letzten Wochen im Möbelhaus Spreitenbach AG angelaufen sind, das Potenzial, die Welt der Ikea-Fans ganz schön durcheinanderzubringen.

Online so viel Umsatz wie mit einem Möbelhaus

Die Ikea-Chefin ist vor allem besorgt, das On- und Offline besser zu verzahnen. Online wächst der Umsatz zweistellig, sagt sie. «Wir machen Online heute so viel Umsatz wie mit einem Möbelhaus, zum Beispiel demjenigen in Lugano», sagt Scarpaleggia.

Ein Beispiel aus der On-/Off-Welt: Via Augmented-Reality-Technologie und dem Smartphone können Kunden die eigene Wohnung scannen und Ikea-Möbel darin virtuell einfügen. Anschliessend lassen sich die Produkte direkt aus einer App heraus bestellen. Der Kunde entscheidet, ob er die Bestellung in einer Ikea-Filiale oder einem Pop-up-Store abholt, sie sich an eine der bislang drei Abholstationen, sogenannten Pick-up-Points, oder gleich ganz nach Hause liefern lassen soll.

Expresslieferung wird schweizweit kommen

«Wir wollen für alle schneller erreichbar werden», sagt Scarpaleggia.  Aktuell braucht Ikea für Lieferungen noch fünf bis sechs Tage. «In Spreitenbach testen wir jetzt die Expresslieferung innerhalb von 48 Stunden», kündigt sie an. Derzeit kommen nur jene Kunden in diesen Genuss, die maximal eine halbe Stunde vom Einrichtungshaus entfernt wohnen. Der Express-Zuschlag kostet 20 Franken. Der Test sei sehr gut angelaufen. Ziel: Die schweizweite Einführung der Expresslieferung.

Dazu passt das Projekt «Zweites Leben»: das Unternehmen verkauft seit September in allen Filialen gebrauchte Ikea-Möbel. Neu können Kunden bereits Occasions-Möbel über ein Onlineformular registrieren und schätzen lassen. Dabei dürfe es nicht bleiben. «Das Konzept muss irgendwann auf alle Möbel ausgeweitet werden können», sagt Scarpaleggia.

Die Digitalisierung hält unweigerlich Einzug bei Ikea. Braucht es den künftig überhaupt noch ein zehntes Schweizer Möbelhaus? Scarpaleggia bejaht die Frage: «Wir sind zuversichtlich, dass wir 2021 unser Möbelhaus in Riddes im Wallis eröffnen können.» Neue Jobs werden also unweigerlich auch wieder dazukommen.

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