Im Internet wimmelt es nur so von Bewertungsportalen. Ob für ein einzelnes Produkt, eine Dienstleistung oder ein ganzes Unternehmen – praktisch alles lässt sich bewerten. Grosse Ausnahme: Immobilien-Verwaltungen. Sie fliegen unter dem Radar der Öffentlichkeit.
«Dabei sind wir Schweizer ein Volk von Mietern», sagt Marcel Heim (42) im Gespräch mit BLICK. Ärger mit den Verwaltungen gehört zum Alltag, sagt Mieter Heim, der im Hauptberuf Software-Account-Manager ist. «Jahrelang hatte ich nie Probleme mit meinen Vermietern. Doch dann zogen wir um und hatten das Pech, an eine sehr unprofessionelle Verwaltung zu gelangen.»
Aus Frust Plattform gegründet
Seine damalige Verwaltung, berichtet Heim, reagierte jeweils nur auf Mängelrügen, nachdem er mit der Schlichtungsbehörde drohte oder eine Mietzinsreduktion verlangte. Telefonate und E-Mails wurden kaum beantwortet. «Die Verwaltung versuchte, die Kosten für grössere Reparaturen auf mich abzuwälzen.» Aber auch bei kleineren Reparaturen sollte er zahlen.
«Unsere Unwissenheit wurde von der Verwaltung ausgenutzt.» Auch seine Nachbarn litten unter den fragwürdigen Methoden der Verwaltung. So fasste Heim den Entschluss, die Bewertungsplattform Immo-Vote zu gründen: «Ich will damit andere Mieter vor solchen Verwaltungen schützen», sagt er. Hier können Mieter Verwaltungen erfassen und Bewertungen in Form von einem bis fünf Sterne sowie Kommentare hinterlassen.
Einziges Immobilien-Bewertungs-Portal in der Schweiz
Damit angefangen hatte Heim nebenberuflich 2016. Seit der Gründung ist das Portal stark gewachsen. Nach einem Relaunch der Webseite im Oktober 2017 will er dieses Jahr Gas geben. Ein Blick auf die Homepage zeigt: Mittlerweile sind über 700 Verwaltungen erfasst, 500 Kommentare und 1000 Bewertungen eingegangen. Tendenz steigend.
«Ich prüfe die Kommentare, bevor ich sie freischalte», sagt Immo-Vote-Betreiber Heim. Hinsichtlich des Daten- und Persönlichkeitsschutzes ist Heim besonders vorsichtig: «Mein Anwalt und ich achten peinlich genau darauf, dass es keine Verletzungen gibt.»
Dennoch haben ihm bereits drei Verwaltungen mit Klagen gedroht. So weit kam es dann aber doch nicht, da Heim mit seiner Plattform weder Persönlichkeits- noch Datenschutzgesetze verletzt, wie er versichert.
Die Verwaltungen haben Immo-Vote schon längst auf dem Radar. So auch Privera. Sie ist eine von zwei Verwaltungen, die von Heim informiert werden wollen, wenn neue Bewertungen eingehen. «Wir sehen das Portal als zusätzlichen Kanal, um mit den Mietern in Kontakt zu treten», sagt Katharina Bornhauser, Sprecherin von Privera, zu BLICK.
Dass sowohl bei Immo-Vote wie auch bei Google negative Bewertungen eingegangen sind, erklärt Privera wie folgt: «Mieten und Wohnen sind sehr emotionale Themen, aber gleichzeitig auch sehr komplex. Zufriedene Mieter tendieren wesentlich weniger dazu, Kommentare abzugeben. Unzufriedene hingegen schon.»
Schwarze Schafe unter den Verwaltungen
Walter Angst vom Mieterverband Zürich sagt, dass Immobilienverwaltungen in der Schweiz mehrheitlich einen guten Job machen. «Es gibt natürlich auch schwarze Schafe, die fragwürdige Strategien verfolgen, doch oft ist es auf einzelne Mitarbeiter in den Verwaltungen oder deren Tagesform zurückzuführen», so Angst.
Schutz vor Verwaltungen kann das Portal den Mietern nicht gewährleisten. Da der Schweizer Wohnungsmarkt kein richtiger Markt ist, wird eine negative Bewertung wohl auch kaum jemanden davon abhalten, eine Wohnung der entsprechenden Verwaltung zu mieten. Als ein Forum für den gegenseitigen Austausch unter Mietern, Frust-Ableiter oder für Zufriedenheitsbekundungen kann es dennoch nützlich sein.