Der Lohnanstieg des Chefs von Schweiz Tourismus ist sagenhaft. In den letzten vier Jahren stieg Jürg Schmids Gehalt um satte 21 Prozent von 351'000 auf 425'000 Franken. Ein stolzer Lohn für einen Betrieb, der in erster Linie jährlich 55 Millionen Franken Steuergeld für das Schweiz-Marketing verpulvert. Zum Vergleich: Der Direktor der Materialprüfungsanstalt Empa verdient gerade mal 312'000 Franken, obwohl er ein doppelt so hohes Budget verantwortet.
Der Vorstand von Schweiz Tourismus rechtfertigt den Lohnsprung mit der «ausserordentlich guten Fach- und Führungsleistung des Direktors». Die volle Auszahlung des Bonus von 64'930 Franken begründet Präsident Jean-François Roth aber nicht etwa mit gestiegenen Gästezahlen, sondern mit einem Satz, der aus dem Lehrbuch für schwammiges Manager-Deutsch stammen könnte: «Der Vorstand ist mit der agilen strategischen Neuausrichtung des weltweiten Tourismusmarketings im geänderten Marktumfeld und der umfassenden Integration der Schweizer Tourismusbranche äusserst zufrieden.»
Nicht alle zufrieden mit der Leistung des Chefs
Von einer umfassenden Zufriedenheit der Branche kann aber keine Rede sein. Grosse Regionen wie das Wallis loben Schmids Auslandmarketing zwar. Doch in Appenzell schüttelt man den Kopf. Laut dem Ausserrhodner Tourismusdirektor Urs Berger setzt Schweiz Tourismus «etwas zu viel auf Glamour statt auf Schweizer Bodenständigkeit». Man profitiere zwar von der Basis-Werbung. Schmid fokussiere jedoch auf die grossen Märkte. «Aber asiatische Gäste sind für uns als Gästegruppe nicht relevant», so Berger. Fürs Appenzellerland seien Schweizer und Deutsche wichtig. Zudem seien die Marketing-Pakete für kleine Destinationen oft zu teuer. Sie seien im Appenzellerland schon
erstaunt über die hohe Entlöhnung des Schweiz-Tourismus-Direktors, sagt Berger. Vor allem wenn man bedenke, dass in der Branche keine grossartigen Löhne gezahlt würden. «Vielleicht liegt wieder mal eine Deutschland-Kampagne drin, wenn man in der Chef-Etage etwas kleinere Löhne zahlt», sagt Berger. Er verdient im Jahr 90'000 Franken.
Schmids Lohn konnte derart wachsen, weil der Bundesrat jahrelang weggeschaut hat. Die Regierung genehmigte zwar das Personalreglement. Doch das datiert von 1998 und enthält keine Bestimmungen zur Bemessung der Cheflöhne. Und in den letzten 18 Jahren hat es der Bundesrat verpasst, Schweiz Tourismus den Bestimmungen der Kaderlohnverordnung für bundesnahe Betriebe zu unterstellen, welche für vergleichbare Organisationen wie Swissmedic oder den ETH-Bereich gilt. Und 2010, als Schmid nach einem achttägigen Gastspiel bei den SBB zu Schweiz Tourismus zurückkehrte, segnete der Bundesrat auf Antrag der damaligen Wirtschaftsministerin Doris Leuthard einen Lohn von 350'000 Franken ab, ohne weitere Vorgaben zu machen.
Nun kommt Verordnungsrevision
Nun endlich arbeitet das Wirtschaftsdepartement an einer Verordnungsrevision, die auch Cheflöhne umfasst. Laut Insidern soll künftig auch für Schweiz Tourismus Artikel 7 der Kaderlohnverordnung gelten. Dieser legt fest, dass sich die Löhne bei Organisationen ohne unternehmerisches Risiko an den Kaderlöhnen der Verwaltung zu orientieren haben. Diskutiert wird auch eine Höchstgrenze für den Direktorenlohn. Damit droht Schmid eine Lohnsenkung, denn für die meisten Bundesamtsdirektoren liegt der Höchstlohn bei 313'000 Franken.
Druck auf den Bundesrat kommt auch aus dem Parlament. Für SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger-Oberholzer ist klar: «Schmids Entschädigung müsste tiefer sein als die Löhne der Topkader des Bundes.» Der Lohn sei nun zu halbieren, bis Schmid für die Schweizer Hotellerie eine preisgünstige Buchungsplattform zustande gebracht habe. Auch BDP-Präsident Martin Landolt erachtet «die wirtschaftliche Notwendigkeit für einen solchen Lohn» bei Schweiz Tourismus als fraglich.