Daniela Grisoli ist erleichtert. «Ich werde von Terminanfragen überrannt», sagt die 49-jährige Winterthurerin. «Die Agenda füllt sich, und ich werde vom ersten Tag an wieder Geld verdienen können. Das ist extrem beruhigend, ein tolles Gefühl!»
Grisoli gehört zu jenem Berufsstand, der in der Corona-Krise zum Symbol für die Not kleiner Unternehmen geworden ist: Sie ist selbständige Coiffeuse.
Am Donnerstag gab der Bundesrat die erwartete Agenda für die Lockerung des Corona-Lockdowns bekannt. Einzelne Branchen – neben Coiffeuren auch Baumärkte und Gartencenter – dürfen ab 27. April wieder Kunden begrüssen.
Wie Grisoli geht es vielen Tausend Gewerblern und KMU im Land: Sie sehen endlich eine Perspektive – und viele Unklarheiten. «Um die Wiedereröffnung im Detail planen zu können, warten wir noch auf zusätzliche Informationen des Bundes. So wie es jetzt aussieht, müssen wir Coiffeusen sowie auch die Kunden eine Schutzmaske tragen.»
Das Versammlungsverbot indes bleibt auf unabsehbare Zeit bestehen. Offen ist auch, wann die Absperrungen verschwinden, die derzeit vielerorts das Flanieren am See oder das Picknicken im Park verhindern. Zürich und Luzern haben da noch nichts entschieden.
Ungeklärte Fragen
Während die Bundesbehörden die Opfer zählen – bis Samstag 1109 Corona-Tote und 27'404 Infizierte –, steht die Bevölkerung vor ungeklärten Fragen: Welche Rolle spielen Kinder bei der Übertragung von Covid-19? Wann gibt es Tests für jedermann? Kommt die allgemeine Maskenpflicht?
Daniela Grisoli hat für ihr Geschäft schon mal 80 Masken im Internet bestellt. «Nun hoffe ich, dass sie rechtzeitig geliefert werden. Die Kunden werde ich aber darum bitten, eine eigene Maske mitzubringen.» Das Wartebänkli werde sie nach draussen verlegen.
Grisoli steht aber auch vor einem weiteren Problem: Sie ist alleinerziehende Mutter – und die Schulen werden erst am 11. Mai wieder offen sein. Wohin mit dem Nachwuchs in dieser Zeit? «Ich habe zum Glück eine Nachbarin und beste Freundin gefunden, die bis dann auf meinen Sohn aufpasst, für relativ wenig Geld.»
Grund zur Freude haben auch die Gärtner. Der Verband Jardin Suisse, der die Gartencenter und Gärtnereien des Landes vertritt, hat seinen Mitgliedern bereits ein Konzept zugestellt. Vieles darin kennt man von den Lebensmittelläden her: Ein- und Ausgangskontrollen, nur eine Person auf zehn Quadratmeter oder der obligate Zwei-Meter-Abstand. Von Maskenpflicht steht nichts in dem Papier. «Die Kunden müssen Geduld mitbringen», sagt Jardin-Suisse- Geschäftsführer Carlo Vercelli. Selbstdisziplin sei gefragt, denn er erwartet lange Schlangen.
Risiko Sackerde
Vercelli ist jedenfalls froh, dass die Saison an einem Montag beginnt und nicht am Samstag. Der Andrang der Hobbygärtner wäre wohl schwer steuerbar.
Wichtig sei, zu kontrollieren, wo es Ansammlungen gebe. So ein Hotspot könnte die Ecke mit der Sackerde sein. Vercelli: «Jeder braucht jetzt Erde und steuert darauf zu.» Darum müsse das Sortiment weiträumiger im Laden verteilt werden. Er ist überzeugt, eine Vorbildfunktion zu haben: «Wenn wir die Auflagen gut umsetzen, wird der Bundesrat den Verkauf für andere Branchen eher freigeben.»
Die Menschen im Gesundheitssystem sind von der Krise besonders gebeutelt: In den Spitälern sind die finanziellen Löcher in den vergangenen Wochen immer grösser geworden. Viele Abteilungen lagen brach, Personal, das keine Covid-19-Patienten behandelte, blieb unterbeschäftigt.
«Das hat bisweilen zur Unzufriedenheit beigetragen», meint Rolf Gilgen, CEO am Zürcher Spital Bülach. «Als wir sahen, dass die Kurve abzuflachen begann, haben wir uns Gedanken gemacht, wie wir zurück zum Normalbetrieb kommen könnten.» In einer Woche dürfen Spitäler wieder nichtdringende Eingriffe vornehmen.
Gilgen: «Bei der Belegschaft war ein Aufatmen zu spüren.» Er warnt aber auch: «Wir müssen weiterhin Kapazitäten freihalten. Es bestehen immer noch Risiken und Gefahren.» Mit strengen Richtlinien könne man dem entgegenwirken – und doch: «Beim Schutzmaterial könnte es in ein paar Wochen zu Engpässen kommen, etwa bei den Operationskitteln.»
«Das Ende der Welle ist ebenso anspruchsvoll wie der Anfang», bestätigt Omar Gisler, Mediensprecher am Aargauer Kantonsspital Baden.
Abstand auf dem Pausenhof
Anders als nach normalen Ferien freuen sich die Primar- und Sekschüler, am 11. Mai in ihre Klassenzimmer zurückzukehren. Von zahlreichen Rückmeldungen dieser Art spricht zumindest Sarah Knüsel, Präsidentin des Verbands der Zürcher Schulleiter.
Welche Abstandsregeln in den Schulzimmern und auf dem Pausenhof gelten werden, ist noch unklar. «Unser Wunsch ist es, möglichst rasch wieder zum normalen Unterricht zurückzukehren», sagt Schulleiterin Knüsel. Aber: «Ob und wie das möglich sein wird, hängt von den Anweisungen des Bundesrats und den Kantonen ab.»
Offen ist auch, ab wann ältere Lehrerinnen und Lehrer und andere Risikogruppen wieder vor Schülern stehen dürfen. «Kurzfristig ist klar: Lehrpersonen und Schulleitungen, die zur Risikogruppe gehören, müssen weiterhin zu Hause bleiben», sagt Sarah Knüsel.
«Wieder ruhig schlafen»
Zwischen direktbetroffenen Betrieben und öffentlichen Institutionen gibt es etliche Betroffene des Notstandsregimes, die durch die Maschen fallen, Taxibetriebe zum Beispiel. «Die Entschädigung, die wir nun bekommen, deckt nur einen Teil unseres täglichen Lebensbedarfs ab», sagt Milan Cutic (51), selbständiger Taxifahrer aus Zürich. «Viele von uns müssen mit dem ausbezahlten Betrag Familien ernähren.»
Man sei froh über die Lösung des Bundesrats, sagt Christoph Wieland, Präsident von Taxisuisse: «In unserer Branche verdient die grosse Mehrheit nicht mehr als 90 000 Franken pro Jahr, deshalb können selbständige Taxifahrer mit Sicherheit von dieser Härtefallregelung profitieren. Viele Täxeler haben wirklich fast kein Geld mehr. Jetzt können sie zumindest wieder einmal ruhig schlafen.»
Cutic: «Es wird noch lange dauern, bis wieder alles normal läuft. Solange Hotels, Bars, Clubs und Restaurants geschlossen bleiben, alle Veranstaltungen abgesagt sind und kaum Flugzeuge fliegen, werden wir weiterhin grosse Einnahmeausfälle haben.» Die Hilfe des Bundes gilt nur bis Mitte Mai. Die Einnahmeausfälle für Milan Cutic und seine Kollegen werden jedoch länger andauern.
Am 16. April informierte der Bundesrat, wie er den Lockdown schrittweise beenden will. In drei Phasen soll die Schweiz wieder zurück zur Normalität finden:
- Erste Etappe: Ab 27. April dürfen Spitäler und Zahnarztpraxen den Normalbetrieb wiederaufnehmen. Coiffeur-, Massage-, Kosmetik- und Tattoo-Studios können wieder Kunden bedienen. Baumärkte, Gartencenter, aber auch Blumenläden und Gärtnereien können zudem wieder öffnen.
Die Grossverteiler dürfen ab dann das gesamte Sortiment verkaufen. Und an Beerdigungen ist die weitere Familie des Verstorbenen und nicht nur der engste Familienkreis zugelassen. - Zweite Etappe: Am 11. Mai können die obligatorischen Schulen ihre Schulzimmer wieder öffnen. Zudem sollen alle Läden und Märkte ihre Waren wieder verkaufen dürfen.
- Dritte Etappe: Ab 8. Juni sollen Mittelschulen sowie Berufs- und Hochschulen wieder Präsenzveranstaltungen durchführen. Museen und Bibliotheken, botanische Gärten sowie Zoos sollen öffnen. Das bis dahin geltende Verbot von Menschengruppen mit mehr als fünf Personen könnte gelockert werden.
Wie geht es weiter für Restaurants? Was ist mit Open-Airs? In vielen Bereichen bestehen noch Unsicherheiten. BLICK beantwortet die aktuell wichtigsten Fragen zur Lockerung der Corona-Massnahmen.
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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
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