Grosselternkurs nennt sich die Veranstaltungsreihe der Klinik im Park in Zürich. Am Samstagvormittag treffen sich frischgebackene Grossmütter und Grossväter in der Villa Moskwa. Diesmal sind es elf, «denn man hat doch Angst, dass man Fehler macht», sagt ein Teilnehmer. Alle sind sie typische moderne Grosseltern. 50er-Jahrgänge, gesundheitlich fit, ihr Smartphone haben sie im Griff. Klar, sie haben ihre Kinder erfolgreich grossgezogen. Aber damals wurde das Neugeborene nach der Geburt der Mutter frisch gebadet und nicht wie heute nackt auf die Brust gelegt. Und ein Babybadewännli war ein Badewännli und kein Tummy-Tub genannter Plastikkessel.
Zuerst steht Theorie auf dem Plan: die «Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle». Nathalie Colling, Leiterin der Abteilung Frau-Mutter-Kind der Klinik, und die Hebamme Irene von Salis teilen alle in Gruppen ein, wo sie die Erwartungen der Grosseltern und der Eltern der Kinder ausformulieren sollen. Ergebnis: Grosseltern wollen heute auch mal ihr Leben geniessen. Aber die Enkel so oft wie möglich sehen. Den Eltern liegt daran, dass Grossmutter und Grossvater «Akzeptanz und Toleranz für neue Erziehungsmodelle» aufbringen, wie sich Nathalie Colling ausdrückt. Früher hätte man das direkter gesagt: Die Alten sollen sich nicht einmischen. Für Grosi und Grosspapi in heutiger Zeit heisst es deshalb, «Kommunikationsregeln» zu lernen. Zum Beispiel: «Akzeptieren, dass Belehrungen nicht sinnvoll sind.»
Doch dann kommt der Praxisteil. Jetzt wird an einem täuschend echten Plastiksäugling gezeigt, wie korrekte moderne Babypflege zu sein hat. Da staunen sogar die Grossmütter. Dass man ein Baby gar nicht jeden Tag baden soll, einmal pro Woche reicht – das haben sie früher aber ganz anders gemacht. Und sie haben ihren Sprössling, so klein er auch war, in den Kinderwagen gepackt – heute völlig out. «Ein Säugling ist ein Tragling», betont die Referentin das Credo, und interessiert sehen die Schüler der Grosseltern-Klasse zu, wie ein Tragtuch gewickelt wird.
Nach vier lehrreichen Stunden nehmen sie Tröstliches mit: «Sie spielen eine wichtige Rolle», betont Irene von Salis. Den Enkeln Lieder vorsingen, Geschichten erzählen, eine Massage verpassen, zum Abschied einen Kuss geben – und mal Grenzen setzen und Regeln aufstellen, das ist ihre Aufgabe. Und das wenigstens ist nicht so neu.