Dass die Altersvorsorge in der Schweiz eine komplizierte Sache ist, wird wohl niemand bestreiten. Aber: Es gibt klare Regeln, wann und wie man über sein erspartes Geld verfügen kann. Trotzdem kommt es hin und wieder vor, dass diese nicht ganz befolgt werden.
Ein solcher Fall beschäftigte die Schweizer Justiz bis vor kurzem über einige Jahre hinweg. Ein noch nicht pensionierter Mann aus dem Aargauer Seetal bezog im Jahr 2009 sein angespartes Kapital von fast 3,5 Millionen Franken von einer Freizügigkeitsstiftung, berichtet die «Aargauer Zeitung». Dies an sich ist noch nicht problematisch, denn das Geld aus der Vorsorge darf sich jeder auszahlen lassen, der die Schweiz endgültig verlässt oder den Schritt in die berufliche Selbstständigkeit wagt und dafür Kapital benötigt. Letzteres hat der Mann, der in der Immobilienbranche Fuss fassen wollte, getan – zumindest auf dem Papier.
Gleich zwei Kantone wollten an sein Geld
Ab dann wird die ganze Sache kompliziert. Denn der Mann und seine Familie verliessen das Seetal und zogen in einen anderen Kanton. Ein halbes Jahr später kamen sie aber wieder zurück. Was der Mann aber nicht beachtet hatte: Bei einer Kapitalentnahme aus einer Vorsorgesäule wird eine einmalige Steuer fällig. Diese Steuer wollten gleich beide Kantone kassieren.
Gegen diese Doppelbesteuerung wehrte sich der Mann und brachte den Fall bis vor Bundesgericht, welches ihm 2016 schliesslich recht gab. Trotzdem liess das Gericht den Mann nicht einfach so davonkommen. Denn: In seinem Urteil wies es darauf hin, dass die Selbstständigkeit des Mannes nicht gegeben war. Und das wurde ihm schliesslich zum Verhängnis.
Zweimal war einmal zu viel
Durch das Urteil des Bundesgerichts bestärkt, wollte der Kanton Aargau die 3,5 Millionen als Einkommen verrechnen. Dies hätte das Portemonnaie des Mannes um einiges stärker belastet als die einmalige Kapitalsteuer. So landete auch dieser Fall wieder vor Bundesgericht.
Diesmal war es dem Mann aber nicht mehr so wohlgesinnt wie beim ersten Prozess. Was dem Gericht die Entscheidung vereinfachte, war, dass der Mann das Freizügigkeitsgeld zwischenzeitlich wieder eingezahlt hatte, es 2018 aber wieder bezogen hatte. Erneut begründete er dies damit, dass er sich selbstständig machen wollte.
Es könne zwar nicht ausgeschlossen werden, dass er ein eigenes Geschäft in der Immobilienbranche «in Betracht gezogen habe», in die Tat umgesetzt habe er es aber nie, kommt das Gericht zum Schluss. Die Beschwerde des Mannes wurde abgelehnt. Der Kanton Aargau darf sich nun über ein üppiges Steuergeld freuen. Zudem muss der Mann auch für seine rechtliche Vertretung aufkommen. (ced)