Warum unser Immunsystem nicht die eigenen Zellen angreift
Doppelte Qualitätskontrolle im Körper

Publiziert: 05.05.2008 um 08:30 Uhr
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Aktualisiert: 15.10.2018 um 01:39 Uhr
MÜNCHEN. T-Zellen sind die stärkste Waffe des Immunsystems. Zugleich können sie es gefährden; dann, wenn sie unsere gesunden Zellen angreifen. Wie der Körper das verhindert, haben Forscher untersucht.

Wer regelmässig die amerikanische Erfolgsserie «Dr. House» sieht, weiss über Auto-Immunerkrankungen bestens Bescheid. Für alle anderen: Bei diesen Krankheiten greift der Körper sich selbst an.

Schuppenflechte oder Multiple Sklerose zum Beispiel sind Auto-Immunerkrankungen. Verantwortlich für den Angriff auf das eigene Gewebe sind dabei in erster Linie die T-Zellen des Immunsystems. In gesunden Körpern dagegen greifen diese Zellen nur Eindringlinge an und lassen das eigene Gewebe unberührt. Doch woher wissen die Zellen eigentlich, was eigenes und was fremdes Gewebe ist? Das haben Forscher der Ludwig-Maximilians-Universität in München jetzt genauer erforscht.

Der Körper «eicht» T-Zellen auf Fremdlinge

Die T-Zellen gehören zu den weissen Blutkörperchen und werden im Knochenmark gebildet. Ein Molekül an ihrer Oberfläche sorgt dafür, dass die Zellen alle Eindringlinge in unserem Körper bekämpfen können. Das Molekül heisst T-Zell-Rezeptor. Dieser Rezeptor kann an anderen Zellen andocken und sie so unschädlich machen. Das läuft nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip: Nur wenn der Rezeptor exakt auf die andere Zelle passt, klappt der Kontakt. T-Zellen mit Rezeptoren, die gefährlich genau auf unsere eigenen Körperzellen passen würden, müssen aber aussortiert werden.

Doppelt kontrolliert hält besser

Diese Selektion geschieht, wie die Forscher um Thomas Brocker jetzt herausgefunden haben, in zwei Schritten. Der erste Mechanismus ist seit längerem bekannt: Die Thymusdrüse, ein Organ im oberen Bereich unseres Brustkorbs, testet jede einzelne T-Zelle: Gefährliche Einzelgänger, die eine Abwehrreaktion gegen körpereigenes Gewebe provozieren könnten, werden vernichtet.

Die zweite Testphase ist eine neue Entdeckung: In unseren Lymphknoten und der Milz sitzen sogenannte dendritische Zellen, die fortlaufend den T-Zellen verschiedene Zellen, ob körpereigen oder fremd, präsentieren, so dass die T-Zellen darauf reagieren können. Dazu sammeln die dendritischen Zellen Proben von Gewebematerial aus Magen, Darm, Lunge, Haut und anderen Organen und bringen es in die Lymphknoten, um das Material dort den T-Zellen zu präsentieren. «Wenn die Immunzellen dann spezifisch körpereigene Zellen erkennen können, sind sie potentiell gefährlich und werden inaktiviert oder abgetötet», sagt Brocker. Ein lebenswichtiger Mechanismus, der verhindert, dass unser Körper sich selbst bekämpft.

Gut zu wissen
Die Lymphknoten gehören zum Immunsystem des Körpers. In jedem Lymphknoten wird das Gewebewasser (die «Lymphe») einer bestimmten Körperregion gefiltert. Bei der Reinigung werden Krankheitserreger, Fremdkörper und Zelltrümmer beseitigt. Bei bestimmten Krankheiten schwellen die Lymphknoten an, weil sie mehr arbeiten, um die eingedrungene Infektion zu bekämpfen. Lymphknoten sitzen unter anderem im Nacken, vor dem Ohr oder in den Achselhöhlen.
Die Lymphknoten gehören zum Immunsystem des Körpers. In jedem Lymphknoten wird das Gewebewasser (die «Lymphe») einer bestimmten Körperregion gefiltert. Bei der Reinigung werden Krankheitserreger, Fremdkörper und Zelltrümmer beseitigt. Bei bestimmten Krankheiten schwellen die Lymphknoten an, weil sie mehr arbeiten, um die eingedrungene Infektion zu bekämpfen. Lymphknoten sitzen unter anderem im Nacken, vor dem Ohr oder in den Achselhöhlen.
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