Ein veröffentlichtes Video schockiert an Heiligabend Amerika! Erneut geht es in den USA um einen tödlichen Polizeieinsatz gegen einen Afroamerikaner. Die am Donnerstag verbreiteten Aufnahmen von der Körperkamera eines Beamten zeigen, wie dieser den 47-jährigen Andre Hill in der Garage eines Hauses in Columbus im Bundesstaat Ohio durch mehrere Schüsse tötet.
Auf den Aufnahmen ist zu sehen, wie Hill am Montagabend auf den Polizisten Adam Coy zugeht. Er hält ein Handy in seiner linken Hand, seine rechte Hand ist nicht zu sehen. Wenige Sekunden später eskaliert die Situation: Coy feuert mehrere Schüsse ab, Hill bricht zusammen. Die Polizei war zuvor wegen eines geringfügigen Vorfalls zu dem Ort gerufen worden. Dabei ging es laut Medienberichten um einen Mann, der in einem Auto sass und dieses wiederholt startete und abschaltete.
Warum der Polizist am Montagabend schoss, ist unklar. Die Beamten, die zum Vorfall gerufen worden sind, haben die Körperkamera eigentlich gar nicht eingeschaltet gehabt. Doch laut «Reuters» ist es den Behörden gelungen, dank einer 60-Sekunden-Rückschau die Aufnahmen herzustellen. Das Video ist deshalb allerdings ohne Ton. Klar ist: Hill hatte keine Waffe bei sich. Laut Lokalmedien sollen gegen den Polizisten Adam Coy schon früher Beschwerden wegen unverhältnismässigen Gewalteinsatzes eingegangen sein.
Bürgermeister: «Eine Missachtung des Lebens»
Der Bürgermeister von Columbus, Andrew Ginther (45), war bei einer Pressekonferenz sichtlich emotional und zeigte sich empört über den Vorfall. «Ich habe noch nie solche Kamerabilder gesehen. Mit buchstäblich keinem Versuch, diesen Mann, der kein Verbrechen begangen hat und im Sterben lag, wiederzubeleben. Das ist eine atemberaubende Missachtung des Lebens und in diesem Fall schwarzen Lebens.»
Als Reaktion auf den Vorfall gab der Polizeichef von Columbus, Thomas Quinlan, an Heiligabend die Freistellung des Polizisten Adam Coy bekannt. «Es ist Heiligabend. Die Familie von Andre Hill hat an diesem Feiertag nichts zu feiern. Ein Polizeioffizier aus Columbus ist dafür verantwortlich», schrieb er auf Twitter.
Wieder einmal hätten Polizisten einen Schwarzen gesehen und gefolgert, dass er kriminell und gefährlich sei, kommentierte der Anwalt Ben Crump, der mehrere Familien von Opfern von Polizeigewalt vertritt, den Tod Hills.
Es ist bereits der zweite Fall von Polizeigewalt in Columbus innert Wochen. Anfang Dezember war in der Stadt der 23-jährige Casey Goodson Jr. von einem Polizisten erschossen worden, als er nach Hause zurückkehrte. Nach Angaben seiner Familie hielt er einen Sandwich in seiner Hand, den der Beamte für eine Schusswaffe hielt.
Tod von George Floyd löste landesweite Proteste aus
Nach dem Tod von Andre Hill (†47) sind in Columbus Hunderte Menschen auf die Strassen gegangen und haben friedlich demonstriert. An Heiligabend gedachte man dem Toten mit einer Schweigeminute. Am Tatort wurden Kerzen angezündet.
Im ablaufenden Jahr gab es in den USA monatelange landesweite Proteste gegen exzessive Gewalt und Rassismus. Ausgelöst wurden die Demonstrationen durch den Tod des unbewaffneten Afroamerikaners George Floyd (†46) bei einem Polizeieinsatz Ende Mai in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota. Am Rande der überwiegend friedlichen Proteste kam es wiederholt zu Ausschreitungen.