Ein Kind grosszuziehen, ist eine schwierige Aufgabe. Was aber, wenn sich ein Mensch um die Erziehung eines Tigerbabys kümmern muss? Genau das erlebt gerade Marc Zihlmann (41). Er arbeitet als Zooleiter im Sikypark in Crémines im Berner Jura und ist seit der Ankunft von Tigerbaby Sangha im Dezember 2021 für dessen Wohlergehen zuständig.
Das junge Tigermädchen ist in der Schweiz gelandet, nachdem es von seiner Mutter verstossen wurde, wie die Zeitungen von CH Media berichten. Zur Welt gekommen ist sie bei einem Zirkusdompteur in Frankreich.
Für Zihlmann ist dies trotz langjähriger Erfahrung mit Tieren keine leichte Aufgabe. «Es hilft sicher, wenn man viel Erfahrung mit Tieren mitbringt, denn man muss in der Lage sein, das Verhalten des Tieres lesen zu können», sagt er zu Blick. Momentan beginne sich bei Sangha die Wahrnehmung zu entwickeln. «In dieser Phase ist es wichtig, dass sie möglichst viele positive Erfahrungen sammelt.»
Tigerbaby noch nicht bereit für Tierparkbesucher
Seit ihrer Ankunft im Sikypark hat sich Sangha bereits sehr entwickelt und wird immer selbstständiger. «Meine Beziehung zu Sangha beginnt sich gerade zu verändern. War ich bisher eine Art Ersatzmami für sie, so beginnt sie mich jetzt mehr als Freund wahrzunehmen», sagt der Zooleiter.
Der Tag beginnt für Sangha mit der Morgenbegrüssung und der Fütterung mit der Flasche. Danach steht ein kleiner Spaziergang in der Aussenanlage des Parks an. Sangha hält sich momentan noch im Hintergrund auf. Bereit für das Bad in der Menge sei das Tigerbaby nämlich noch nicht. Wie lange Sangha noch braucht, bis sie die Besucher bestaunen können, kann Zihlmann nicht sagen, denn seine Devise lautet: «Sangha gibt den Takt vor.»
Ganz ungefährlich ist die ganze Sache aber nicht. Momentan kann sich Zihlmann zwar noch ohne grosse Gefahr bei Sangha aufhalten. Es dauert aber nicht lange, bis Tiger an Gewicht und Kraft zulegen und damit steigt das Gefahrenpotenzial für Zihlmann ansteigt.
Kein gewöhnlicher Zoo
«Der Sikypark und seine Mission sind einzigartig, ein solcher Tierpark gibt es in der Schweiz sonst nicht», sagt der Geschäftsführer Thomas Fischer zu Blick. Denn im Unterschied zu einem klassischen Zoo ist der Sikypark ein Tierrettungspark. Tiere, die sonst kein Zuhause mehr haben, finden hier eine neue Bleibe. Im Park werden unter anderem Löwen, Tiger, Papageien und Pferde beherbergt.
Einige der Tiere haben eine bewegte Vergangenheit hinter sich und bisher keine guten Erfahrungen mit Menschen gemacht. Deshalb brauche es viel Fingerspitzengefühl im Umgang mit ihnen, so der Geschäftsführer.
Das Konzept des Tierparks erfreut sich grosser Beliebtheit. «Trotz Corona haben wir seit der Eröffnung im Jahr 2018 linear steigende Besucherzahlen», sagt Fischer. Sobald Tigerbaby Sangha bereit ist und als neue Attraktion ihren Platz im Park einnehmen kann, dürften wohl noch einige mehr den Weg in den Park finden. (ced)