Thomas Bucher (39) aus Gunzwil LU leidet unter der Schliessung der Wochenmärkte
Den Kleinbauern gehts ans Eingemachte

Die Schliessung der Wochenmärkte ist für Kleinbauern in abgelegenen Gebieten besonders schlimm. Für sie heisst das: Sehr viel Arbeit und fast kein Verdienst.
Publiziert: 08.04.2020 um 23:05 Uhr
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Aktualisiert: 09.04.2020 um 08:06 Uhr
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Kleinbauer Thomas Bucher (39) vor seinem improvisierten Hoflädeli. Weil der Wochenmarkt nicht mehr stattfindet, versucht er ab Hof etwas zu verkaufen.
Foto: Beat Michel
Beat Michel

Auf dem Hof der Familie Bucher in Gunzwil LU hoch über dem Sempachersee leben 14 Milchkühe, 100 Legehennen, ein paar frei laufende Enten und der Appenzellerhund Bless. Im Garten spielen die Kinder mit einem kleinen Traktor und lachen laut. Auf den ersten Blick ein Paradies auf dem Land. Doch Corona stellt die kleine Gemeinschaft vor eine schwierige Aufgabe. Ihr einziger Absatzkanal, der Wochenmarkt, ist geschlossen. Was tun?

An der Wegkreuzung zum Hof steht ein improvisiertes Zelt mit einer kleinen Auslage an Joghurt, Käse, Sirup und Konfitüren. An einer Schnur am Eingang hängt eine Sprühflasche mit Desinfektionsmittel.

Ein Lädeli statt Wochenmarkt

Das Zelt mit seiner leuchtend gelben Farbe ist von weitem zu sehen, trotzdem kommen fast keine Kunden. Bauer Thomas Bucher (39) freut sich denn auch über jeden, der den Weg zu seinem Lädeli findet: «Ein paar Stammkunden aus Luzern kommen regelmässig vorbei. Wenn sie vorher anrufen, richten wir auch eine Kiste für eine individuelle Bestellung.»

Im Vergleich zum Wochenmarkt ist der Ertrag aber mit Hoflädeli und Lieferdienst verschwindend klein. «Wir haben nicht einmal ein Drittel des normalen Umsatzes», sagt Thomas Bucher. Und: «Gleichzeitig haben wir eher mehr Arbeit. Der Verkauf auf dem Wochenmarkt ist nämlich viel effizienter als ein Take-away-Betrieb.»

Der Kleinbauer will trotzdem nicht klagen: «Es ist ein bisschen wie bei einer schlechten Ernte. Da lebt man auch eine Weile vom Eingemachten.» Weil sowieso gerade kein Gemüse geerntet wird und die Tulpen wegen der Kälte noch nicht für den Verkauf bereit sind, muss der Bauer auch nichts unterpflügen. Das könnte sich aber bald ändern: «In zwei bis drei Wochen ist der Salat reif für den Verkauf», sagt Bucher. «Wenn ich dann nicht auf den Markt kann, wird es übel.»

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Hoffen auf den Sommer

Die Verluste hofft die Bauernfamilie im normalerweise umsatzschwachen Sommer etwas wettzumachen. «Wenn die Leute nicht in die Ferien fahren, werden sie dafür mehr in der Schweiz konsumieren», hofft Bucher.

Angst macht ihm die Pandemie nicht: «Notfalls können wir uns selber versorgen. Wir müssen nicht hungern!» Auch vor einer Ansteckung fürchtet er sich nicht. Ganz im Gegensatz zu seinen Eltern. «Sie bleiben immer in ihrer Wohnung. Wir kaufen für sie ein.»

Gemüse gefragt, Fleisch nicht

Für Bauern, die ihre Produkte nicht hauptsächlich über die Wochenmärkte vermarkten, sieht die Situation besser aus, sagt Sandra Helfenstein vom Schweizer Bauernverband. Dass die Gemüseregale bei den Detailhändlern zwischendurch leer sind, habe aber nichts mit den Bauern zu tun. «Die Kunden haben wegen der Pandemie ein untypisches Kaufverhalten. Da geht es um Hamsterkäufe. Das Angebot ist noch immer das gleiche. Die meisten Bauern haben Glück im Unglück. Sie können weiterarbeiten.» Aus unbekannten Gründen sei der Fleischkonsum letzte Woche zurückgegangen. «Das ist nicht einfach nachzuvollziehen. Vielleicht, weil viele nur noch einmal pro Woche einkaufen?», so Sandra Helfenstein.

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