Fahrlässige Tötung mit 1,92 Promille
Appenzeller Gericht verurteilt Todesfahrer (36)

Ein 36-jähriger Mann verursachte einen Unfall unter Alkoholeinfluss, bei dem ein Beifahrer starb. Die Staatsanwaltschaft forderte eine bedingte Freiheitsstrafe von 15 Monaten. Das Bezirksgericht Appenzell verkündete am Dienstagmittag sein Urteil.
Publiziert: 09:44 Uhr
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Aktualisiert: 12:43 Uhr
Am 17. Mai 2023 kam der Lieferwagen bei Oberegg AI von der Strasse ab und überschlug sich mehrfach. Ein 49-jähriger Beifahrer verstarb auf der Unfallstelle. (Archivbild)
Foto: Kantonspolizei Appenzell Innerrh
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SDASchweizerische Depeschenagentur

Ein 36-Jähriger musste sich am Dienstag wegen fahrlässiger Tötung vor dem Bezirksgericht Appenzell verantworten. Der Mann verursachte stark alkoholisiert einen Selbstunfall, bei dem ein Beifahrer starb.

Das Bezirksgericht Appenzell hat den 36-Jährigen wegen fahrlässiger Tötung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 13 Monaten verurteilt. 

Fast zwei Promille bei Todesfahrt

Der Beschuldigte besuchte zusammen mit einer Beifahrerin und einem Beifahrer im Mai 2023 zwei Restaurants in Oberegg AI. Mit einem Lieferwagen machten sie sich später gemeinsam auf den Heimweg. Der Fahrer lenkte das Fahrzeug gemäss Anklageschrift mit einem Blutalkoholgehalt von 1,92 Promille.

Dabei kam das Fahrzeug von der Strasse ab und stürzte ein Wiesenbord hinunter und überschlug sich mehrfach. Der 49-jährige Mitfahrer, ein guter Freund des Fahrers, wurde aus dem Fahrzeug geschleudert und starb noch auf der Unfallstelle. Die Staatsanwaltschaft forderte für den Lenker des Lieferwagens eine bedingte Freiheitsstrafe von 15 Monaten.

Widersprüchliche Aussagen von Zeuge

Der Anwalt des Beschuldigten machte eine verminderte Schuldfähigkeit geltend und verwies darauf, dass die Obergrenze des möglichen Alkoholwerts während des Unfalls beim Fahrer bei bis zu 2,6 Promille habe liegen können.

Während des Prozesses wurde auch die Frage aufgeworfen, ob die Beifahrerin und Ehefrau des Verstorbenen möglicherweise während der Fahrt ins Lenkrad griff und den Unfall verschuldete. Dies soll sie gegenüber einem Bekannten erwähnt haben. Dieser trat am Dienstag als Zeuge auf, machte diesbezüglich jedoch widersprüchliche Aussagen.

Auch die Beifahrerin, welche sich beim Unfall schwer verletzte, wurde für eine Aussage vorgeladen. Vor den Richtern gab sie an, sich nicht mehr an die damalige Fahrt und damit einen allfälligen Griff ans Steuerrad erinnern zu können. Bei ihr wurde damals ein Blutalkoholgehalt von mehr als 2,4 Promille festgestellt.

Staatsanwaltschaft hielt an Forderung fest

Der Anwalt des Beschuldigten forderte einen Freispruch vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung. Einerseits sei dieser aufgrund des hohen Promillewerts schuldunfähig gewesen. Ausserdem könne schlicht nicht ausgeschlossen werden, dass der Unfall wegen der Fremdeinwirkung geschah.

Für die Staatsanwaltschaft wiederum gab es keine gefestigten Informationen, dass ein Griff ans Lenkrad den Unfall beeinflusste. Vielmehr ging sie von einem Fahrfehler des Beschuldigten aus und hielt an ihrer Forderung fest.

Strafmildernd wertete der Staatsanwalt, dass der Beschuldigte keine Vorstrafe aufweist, geständig ist und beim Unfall einen guten Freund verloren hat. Nach dessen Tod betreute er seine Kinder regelmässig, erklärte der beschuldigte Mann vor Gericht. Mehrfach drückte er sein Bedauern über das Vorgefallene aus.

Richter sieht keine Dritteinwirkung

Bei der Verkündigung des noch nicht rechtskräftigen Urteils erklärte der vorsitzende Richter, dass weder eine verminderte Schuldunfähigkeit noch ein allfälliger Griff der Beifahrerin ans Lenkrad im Entscheid berücksichtigt wurde. Der Beschuldigte habe vor dem Trinken gewusst, dass er noch fahren müsse. Ausserdem sei der Unfall passiert, weil er in einer Kurve geradeaus gefahren sei, was nicht für eine Dritteinwirkung spreche.

Das Gericht gewichtete die strafmildernden Gründe leicht stärker als die Staatsanwaltschaft und reduzierte die geforderte Strafe um zwei Monate. Es auferlegte dem Mann Verfahrenskosten und Gebühren in der Höhe von rund 16'000 Franken.

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