«Da war ein grosses schwarzes Loch auf dem Bildschirm. Kein Herzschlag. Christopher war im vierten Monat gestorben. Seinem Geschwisterchen Gemini gefolgt, dessen Herz schon zweieinhalb Wochen zuvor stehen geblieben war.
Der Arzt sagte, ich müsse die toten Zwillinge nicht sofort gebären. Beim Schreiner bestellte ich einen Sarg. «Wie gross?», fragte er mich. Ich formte ein Rechteck mit den Händen, 30 Zentimeter lang. «Ach, wie für eine Katz», sagte er. Seine Worte fühlten sich wie Messerstiche an.
Eine Woche später, am 16. Dezember 1997, brachte ich Christopher zur Welt. Sieben Stunden unerträglicher Schmerz. Die Ärztin legte den Fötus in eine Nierenschale aus Metall und knallte sie auf den Nachttisch neben mir. Ich nahm mein Kind zu mir, streichelte es.
Nach fünf Mädchen wäre Christopher mein erster Junge gewesen. Mir blieben nur ein paar Minuten mit ihm, bis ich in den OP musste, um die Plazenta und den zweiten Embryo zu entfernen. Gemini durfte ich nie sehen.
Der Pfarrer weigerte sich, mein Kind zu beerdigen. Wir begruben Christopher im Grab der Grossmutter meines Mannes. Es folgte Weihnachten. Im Gottesdienst führten die Kinder ein Krippenspiel auf. Alles war wie immer, alle lebten weiter. Nur ich war anders. Als ich die Puppe in der Krippe sah, flüchtete ich aus der Kirche.
In diesem Moment wusste ich, dass ich damit nicht alleine fertig werde. Ich traf mich mit anderen Betroffenen. Das half. Ich stellte einen Gedenkstein im Garten auf. Christopher konnte ich ein Stück loslassen. Nie ganz.»