Sie warten lange, sie schiessen selten. Und doch wurden im vergangenen Jahr in unseren Wäldern 113'699 Tiere erschossen – durch Jäger. Das zeigt die soeben erschienene Statistik des Bundes. Von 43'794 erlegten Rehen gehen auch ein paar aufs Konto von Willi Enderli (71). Sieben, um genau zu sein.
Die erste Kugel seines Lebens traf einen Dachs. Enderli war drei, geschossen hatte der Grossvater. Enderli war fasziniert. Und infiziert, mit Jagdleidenschaft. Von Virus will er nicht sprechen.
Sein Hochsitz steht am Waldrand. Die Leiter ist steil. Oben stehen zwei Bürostühle. Zielt Enderli auf ein Tier, sei er hoch konzentriert, stehe unter extremer Anspannung. Adrenalin flute seinen Körper. Hat er abgedrückt und das Tier sinkt zu Boden, zitterten ihm die Hände. «Wenn das eines Tages ausbleibt, höre ich sofort auf zu jagen.»
Kreislauf des Lebens
Doch heute sieht er kein Tier. Kein Reh, keinen Hirsch, keinen Fuchs. Das Wildeste hier ist die kleine Spinne in der Ecke. Das Warten gibt uns Zeit zu flüstern. Er liebe den Herbst, das Abschiednehmen und das Wissen, dass im Frühling alles wieder zum Leben erwache, sagt Enderli – den Kreislauf des Lebens. Taucht jetzt ein Reh auf, hätte er die Macht, diesen Kreislauf zu durchbrechen, die Macht über Leben und Tod.
Enderli hadert nicht damit. «Wenn ich einmal so von dieser Welt gehen kann wie die Tiere, die ich schiesse, bin ich glücklich.» Der Jäger meint: sterben, wo man sich am wohlsten fühlt und augenblicklich tot sein.
Sein Antrieb sei es nicht, möglichst viele Tiere zu erlegen. Er suche das Einmalige. Enderli packt sein iPad aus, zeigt den Schädel eines Rehs, zerfressen vom sogenannten Strahlenpilz. «Das war froh, dass ich es geschossen habe», flüstert er.
Nicht nur Jäger töten. 30'000 Wildtiere sind 2016 anders gestorben: von Bauern beim Mähen zerfetzt, von Hunden gerissen, von Zügen überrollt. Die Hälfte starb im Strassenverkehr. Wird in Gossau SG ein Tier angefahren, rückt Enderli aus. Ist es geflüchtet, sucht er es mit Baika, seinem Hund. Vor allem Frauen flehen, das angefahrene Reh zum Tierarzt zu bringen. Das geht nicht. Zu gross ist der Stress für das Tier. Enderli muss es erlösen.
Jäger unter Beschuss
Auf Jäger angewiesen sind vor allem Bauern. Fressen Wildschweine den Mais, legen sich Enderli und seine Kollegen auf die Lauer. Die Statistik zeigt: Am jagdfreudigsten sind die Bündner. Jedes fünfte Wildtier wird in ihrem Kanton geschossen.
Auf dem Hochsitz fällt an diesem Abend kein Schuss. Kein Reh zeigt sich. Nur ein Jogger trabt vorüber. Er vertreibt das Wild – und jede Chance auf einen Jagderfolg.
Die Jäger ärgern sich darüber – fast so sehr wie über Tierschützer. Denn die werfen ihnen Freude am Töten vor, während die Jagdleute betonen, wie wichtig es sei, die Bestände durch Abschüsse gesund zu halten. Seit Jahrzehnten gibt es Bemühungen, die private Jagd abzuschaffen und nur noch staatliche Wildhüter jagen zu lassen. Der Kanton Zürich stimmt bald über die Initiative «Wildhüter statt Jäger» ab. Enderli hält nichts davon. Zu hoch seien die Kosten für den Steuerzahler. Dass er an diesem Abend nichts geschossen hat, stört ihn übrigens nicht. «Wer hat schon das Privileg, einen so schönen Sonnenuntergang zu geniessen?», sagt er.
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