Noch Wissenschaftler oder schon Aktivistinnen?
Auch Schweizer Forscher rufen Klimanotstand aus

Gerade haben 11'000 Wissenschaftlerinnen den Klimanotstand ausgerufen. Darunter auch 300 Schweizerinnen. Wir haben mit einer von ihnen gesprochen und gefragt: Sind Forscher die neuen Klimaaktivisten?
Publiziert: 09.11.2019 um 23:33 Uhr
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Aktualisiert: 11.11.2019 um 10:39 Uhr
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Dr. Sonja Wipf untersucht als Forscherin Gebirgsökosysteme am WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF, Davos GR.
Foto: zvg
Dana Liechti

Dr. Sonja Wipf (46) untersucht als Forscherin Gebirgsöko­systeme am WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos GR. Sie ist eine von weltweit 11'000 Wissenschaftlerinnen, die in dieser Woche eine Klima-Notstandserklärung unterzeichnet und publiziert haben. Darin warnen die Forscher unter anderem vor kata­strophalen Bedingungen für die Menschheit, sollte sich unsere Lebensweise nicht grundsätzlich verändern.

Sie sind Wissenschaftlerin – und jetzt auch Aktivistin. Passt das zusammen?
Sonja Wipf: Im Grunde sind Wissenschaftler immer sehr zurückhaltend. Unsere Hauptaufgabe ist es, Fakten zu schaffen und auf den Tisch zu legen. Gleichzeitig sind wir aber auch Bewohner dieses Planeten. Und wenn wir das Gefühl haben, dass das, was passiert, problematisch ist, können wir es auch kundtun. Ich finde, bei solchen Initiativen mitzumachen, ist das Mindeste, was wir tun können.

Leidet unter solchen Aktionen nicht Ihre Glaubwürdigkeit als Wissenschaftlerin?
Im Gegenteil. Es gibt einen überwältigenden wissenschaftlichen Konsens darüber, dass der Klimawandel stattfindet, dass er vom Menschen verursacht und beschleunigt wird und dass er immense Folgen für unseren Planeten und die Menschheit hat. Es wäre unglaubwürdig und unseriös, die Gesellschaft nicht darauf hinzuweisen.

Aber der Schweizer Natur geht es doch nicht so schlecht?
Ich erforsche die Folgen des Klimawandels für alpine Ökosysteme. Und wir sehen, dass es vor allem durch den Anstieg der Temperaturen grosse Veränderungen gibt. Es hat noch nie Veränderungen in dieser Geschwindigkeit gegeben, an diese können die Ökosysteme gar nicht angepasst sein. Wenn sie aus dem Gleichgewicht geraten, werden sich vielleicht Arten ausbreiten, die wir nicht so toll finden – und andere, für uns wertvolle, könnten verschwinden.

Die Bevölkerung hinterfragt die Wissenschaft aber immer stärker.
Wenn man Kritik mit Fakten untermauert und Gegenhypothesen genauso kritisch hinterfragt, ist daran nichts falsch. Heute wird jede seri­öse wissenschaftliche Veröffentlichung von nicht involvierten Fachpersonen begutachtet. Sie wird also sozusagen von der Konkurrenz geprüft. Leider ist dies bei politischen Pamphleten oder in Kommentarspalten nicht der Fall. Wenn gewisse Kreise Fakten gegenüber immun sind und grundsätzlich alle wissenschaftliche Erkenntnis oder sogar die Integrität von Wissenschaftlern generell anzweifeln, habe ich schon Mühe.

Der von Ihnen mitunterzeichnete Bericht ist dramatisch. Es ist von katastrophalen Bedrohungen und unsäglichem menschlichem Leid die Rede. Ist das nicht etwas hysterisch für bedachte Wissenschaftler?
Das Problem ist: Klimaskeptiker sind furchtbar laut, auch wenn sie wenige sind. Wir Wissenschaftler sind viele, aber manchmal zu wenig laut. Das ist jetzt vielleicht die Reaktion darauf. Die wissenschaftlichen Fakten sind so klar – wenn Menschen den menschengemachten Klimawandel leugnen, ist das sozusagen eine Beleidigung für unseren Berufsstand. Wenn man den menschengemachten Klimawandel und alle seine Folgen widerlegen könnte, hätten schon sehr viele Wissenschaftler sehr viele Papers darüber geschrieben – so funktioniert unser Beruf.

Was halten Sie von den Klimademos?
Ich finde es als Privatperson und besorgte Bürgerin super, dass die Jugend es in die Hand genommen hat. Wir Erwachsene müssen sie dabei unterstützen.

Den Klimaaktivisten wird mitunter vorgehalten, sie seien linksgrün unterwandert. Ist die Lösung der Klimakrise ein linkes Anliegen?
Gegenfrage: Jemand, der die Klimakrise ernst nimmt und sich darob beunruhigt, mit wem sympathisiert der wohl – mit Parteien, die sie wegdiskutieren, oder solchen, die sie lösen wollen?

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