Francesco Brighina (56) aus Buchs AG hat fast jeden Tag mit dem Tod zu tun. Dann, wenn er nach einem Todesfall die Spuren einer verstorbenen Person wegputzen oder gleich die ganze Wohnung säubern muss. Es ist sein Job. Seit bald zehn Jahren ist er als Tatortreiniger tätig.
Was nach Verbrechen klingt, hat in den meisten Fällen nichts damit zu tun: Die Todesursache ist für Brighinas Arbeit sekundär. Doch für einmal hatte Brighina nicht nur mit Todesspuren zu tun, sondern plötzlich 29’500 Franken in bar in der Hand. Bei der Hausräumung nach einem Todesfall in Aarau fand er das Geld. Und der Saubermann lieferte es ab!
Der Tatortreiniger hätte auch schwindeln können
Dabei hätte Brighina, der seit 1989 ein Reinigungsinstitut führt und sich in den letzten Jahren zum Tatortreiniger spezialisiert hat, auch schwindeln können. Denn: «Zum Auftrag gehört immer, dass ich alles räumen und entsorgen muss», erklärt der Sizilianer gegenüber BLICK. «Deshalb hätte ich nach dem Todesfall in Aarau einen LKW bestellen und die Ware nach Hause nehmen können, ohne jemandem etwas davon zu sagen. Dann hätte alles mir gehört.»
Aber Brighina ist ein todehrlicher Typ. «Als ich bei der Verstorbenen im Schlafzimmer in einer mit Büchern vollgestopften Kommode eine verschlossene Geldkassette fand, habe ich sie mal zur Seite gelegt.»
Couverts mit Tausender- und Hunderternoten
Später habe er, weil die eines natürlichen Todes Verstorbene (†83) keine nahen Angehörigen hat, ihren Liegenschaftsverwalter informiert. Brighina: «Ich wollte, dass jemand dabei ist, wenn ich die Geldkassette öffne.»
Gesagt, getan. Die beiden hauten die Geldkassette auf. «Es war ein Schock», so Brighina. «Da kamen Umschläge mit Tausendernoten und Couverts mit Hunderternoten hervor.» Es habe Geduld gebraucht, um das Geld zu zählen. «Am Schluss waren es 29'500 Franken!» So viel habe er noch nie gefunden.
Der Tatortreiniger gibt zu: «Klar habe ich kurz daran gedacht, dass ich die Geldkassette vielleicht hätte behalten können.» Aber er frage sich in solchen Situationen immer: «Zeige ich Herz oder nicht? Behalte ich es oder nicht?»
Für Brighina war die Entscheidung schon immer klar: «Geld ist nicht wichtig. Wichtig im Leben sind für mich Freiheit, Ruhe, Gesundheit.» Und wenn er einen Finderlohn erhält? «Dann ist es okay. Mir ist wichtig, dass die Leute das viele Geld kriegen, die es rechtmässig zugut haben.»
Erhält er einen Finderlohn?
Da die Verstorbene ein Testament hinterlassen hat, wird der Liegenschaftsverwalter das Geld der Anwältin übergeben, die für das Erbe zuständig ist. Und da der Mann der Verstorbenen bereits gestorben ist, und sie keine Kinder hatte, könnten zwei Nichten die Erben sein – wenn nicht etwas anderes im Testament steht.
Auch wenn Brighina nicht weiss, wer erbt und ob er einen Finderlohn erhält: «Ich gehe so oder so weiter meiner Arbeit nach. Und freue mich jeden Tag, wenn ich nach Hause kommen, duschen und einen Kaffee trinken kann. Das ist mehr wert als Geld.»