Gnadenhof steht vor dem Aus
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Die Hoffnung stirbt zuletzt:Gnadenhof steht vor dem Aus

Familie verliert ihr Tierheim in Hofstatt LU
Gnadenhof braucht selber Rettung

Familie Von Deschwanden hat Pferde, Esel, Minischweine und Geissen vor dem Metzger gerettet. Doch jetzt braucht sie selber Rettung: Denn die Familie verliert in wenigen Monaten ihren Hof in Hofstatt LU.
Publiziert: 24.12.2018 um 18:11 Uhr
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Die vierköpfige Familie Von Deschwanden führt in Hofstatt LU einen privaten Gnadenhof. Doch ihnen wird der Mietvertrag gekündigt: Voraussichtlich im Frühling müssen sie raus.
Foto: Philippe Rossier
Céline Trachsel
Céline TrachselReporterin

Ein Minischwein hat der Metzger gebracht, weil er es nicht töten konnte. Die Geissen sind von einem Ehepaar, das sich trennte. Die Hunde gehörten Vorbesitzern, die sie misshandelten. Auch ein Pferd, das gesundheitlich angeschlagen ist – und ein Hase, der sich für eine Ziege hält, leben auf dem privaten Gnadenhof von Familie Von Deschwanden in Hofstatt LU. «Jedes Tier hat seine Geschichte», sagt Hofbewohnerin Saskia Von Deschwanden (29).

Die zweifache Mutter hat ein Herz für all diese Tiere – und nahm sie auf. Teilweise wurden sie ihr gebracht, teilweise meldete sie sich selber auf Hilferufe im Internet. «Die Tiere sind für mich auch eine Therapie, weil ich selber an einer Angststörung leide und es nicht so mit Menschen kann», sagt sie. «Und viele brauchten einfach einen Platz, da hatte ich Mitleid.»

Traurige Vorweihnachtszeit

Doch nun benötigt die Familie selber eine neue Heimat. Weil der Eigentümer des Hofs in einem Pflegeheim lebt und gesundheitlich angeschlagen ist, will er das Haus verkaufen. Der Mietvertrag werde der Familie deshalb im Januar gekündigt, teilte man ihnen mündlich mit. Ein Schock für die Mieter – ausgerechnet so kurz vor Weihnachten.

Für das Wohnhaus mit Ställen und Umschwung bezahlt die Familie 1600 Franken Miete. Innert weniger Monate etwas Vergleichbares zu finden zum gleichen Preis, das sei schwer bis fast unmöglich, sagt Sascha Von Deschwanden (37): «Wir klapperten schon alles ab, vom Emmental über die Ostschweiz bis ins Tessin. Aber keine Chance!» Wohin es sie verschlage, sei für die Familie zweitrangig.

Seine Frau ergänzt: «Zudem hat mein Mann kürzlich seine Stelle als Gabelstaplerfahrer verloren, weil das Lager automatisiert wurde.» Sie selber erhalte wegen ihrer psychischen Krankheit eine IV-Rente, davon leben sie zurzeit. Der Gnadenhof wird noch von einer Lebensmittelkette mit Futterspenden unterstützt. So kamen sie immer knapp über die Runden – ohne Sozialamt oder andere finanzielle Hilfe.

Familie vom Pech verfolgt

Zur aktuellen Pechsträhne kommt hinzu, dass das Ehepaar kürzlich sein letztes Erspartes in ein Auto gesteckt hatte. Doch kurz nach Verlassen der Garage erlitt es aufgrund eines technischen Fehlers einen Totalschaden. Saskia Von Deschwanden dazu: «Dann hatte noch eine unserer Doggen eine Magenumdrehung. Die lebensrettende Operation von 2500 Franken müssen wir nun auch noch abstottern.»

Die Gemeinde konnte oder wollte bisher auch nicht helfen, klagt Saskia Von Deschwanden. «Es hiess, dass wir uns in den letzten Jahren ja auch nie gemeldet hätten. Klar, weil wir es bisher immer alleine geschafft haben.» BLICK konfrontiert die Gemeinde mit dem Vorwurf, doch diese korrigiert: «Die Familie hat uns angefragt, ob wir in der Umgebung eine Liegenschaft wüssten, wo man zusätzlich zur Wohnung auch Stallungen für Pferde und Kleintiere mieten kann.» Gemeinderätin Lisbeth Peter weiter: «Wir haben uns sogar für sie umgehört, ob irgendwo etwas frei ist – obwohl es eigentlich nicht Aufgabe der Gemeinde ist.»

Bisher nichts Passendes gefunden

Laut der Familie war aber nichts Passendes dabei. Denn für einen Kauf reichen die Mittel nicht und eine gewöhnliche Wohnung komme nicht infrage – sie bräuchten unbedingt auch Platz für die Tiere. Diese abzugeben, kommt für die Mutter nicht in Betracht. «Ich habe die Tiere einerseits zur Therapie, andererseits möchten wir als Familie mit allen Tieren zusammenbleiben, wir sind so zusammengewachsen.» Jeder habe seinen Liebling, vor allem die Kinder würden an ihren Schützlingen hängen.

Saskia Von Deschwanden ist in Sorge: «Wohin mit den Tieren, wenn wir sie weggeben müssten? In den Schlachthof?» Die Familie bangt und betet: «Wir hoffen jetzt einfach noch auf ein Weihnachtswunder.»

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