Bis anhin hatte die EU im Bereich Geldwäscherei einfach die Liste von Hoch-Risiko-Staaten der «Groupe d'action financière» (GAFI) übernommen, einer internationalen Arbeitsgruppe, die sich insbesondere mit der Bekämpfung der Geldwäscherei sowie der Terrorismusfinanzierung befasst.
Doch die GAFI-Liste ist relativ kurz gehalten. Auf der neusten Liste vom Oktober 2018 stehen gerade Mal elf Staaten, darunter etwa Botswana, Jemen oder Pakistan. Der einzige aufgeführte europäische Staat ist Serbien.
Dem EU-Parlament war diese Liste zu wenig streng, und es forderte eine eigene EU-Liste. Die Aufgabe ging an die EU-Kommission.
Ob die Schweiz auf der neuen EU-Liste aufgeführt sein wird, ist zurzeit nicht bekannt. Seit längerem wird sie jedoch wegen ihrer Inhaberaktien kritisiert - nicht nur von der EU, sondern auch vom Global Forum über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke.
Denn während bei Namensaktien die Inhaber bekannt sind, war dies früher bei den Inhaberaktien nicht der Fall: Die Aktionäre blieben anonym, was Steuerhinterziehung begünstigte.
Aufgrund der Kritik des Global Forums machte die Schweiz 2015 bei den Inhaberaktien Anpassungen und erhöhte damit die Transparenz: Käufer von Inhaberaktien von einer nicht börsenkotierten Gesellschaft mussten fortan ihren Aktienerwerb mitteilen und sich identifizieren. Die Gesellschaft war verpflichtet, ein entsprechendes Verzeichnis zu führen.
Im jüngsten Bericht des Global Forums von 2016 habe die Schweiz zwar «die Gesamtnote 'weitgehend konform' erhalten", schreibt der Bundesrat in seiner jüngsten Botschaft dazu. Gleichzeitig kritisierte es aber verschiedene Punkte - darunter erneut die Inhaberaktie.
Denn nach Schweizer Recht müssen sich Eigentümer von Inhaberaktien erst dann identifizieren, wenn sie «ihre Rechte gegenüber der Gesellschaft geltend machen wollen", beschreibt der Bund die Kritik des Global Forums in seiner Botschaft.
Damit die Schweiz in der nächsten Bewertung des Global Forums nicht abrutscht - was sie «einem erhöhten Risiko» von Defensivmassnahmen andere Staaten aussetzen würde-, reagierte der Bundesrat erneut und verabschiedete letzten November einen Gesetzesentwurf, in dem er den Kritikpunkten Rechnung trug - auch bei den Inhaberaktien.
Konkret schlägt er die Abschaffung der Inhaberaktien für nicht börsenkotierte Unternehmen vor. Alternativ können Inhaberaktien in Bucheffekten umgewandelt werden - sie werden bei Banken hinterlegt, welche die Identität der Aktionäre kennen.
Ob die aktuellen Anstrengungen der Schweiz die EU-Kommission überzeugen, wird sich zeigen. Käme sie auf die EU-Liste, müsste sie jedoch keine Sanktionen fürchten. Trotz allem hätte dies negative Folgen.
Denn die Finanzinstitute in den EU-Staaten wären bei Schweizer Kunden zur Durchführung einer «Due Diligence» verpflichtet - einer erhöhten Sorgfaltsprüfung in den Bereichen Bekämpfung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung.
Banken in der EU müssten etwa ihre Geschäftsbeziehungen mit Schweizer Kunden strenger prüfen oder die Hintergründe einer Transaktion genauer abklären.
Diese Zusatzabklärungen verursachen höhere Compliance-Kosten, weshalb einige Finanzinstitute das Interesse an Schweizer Kunden verlieren könnten. Für die Kunden könnten im Gegenzug Geschäftsbeziehungen mit Finanzinstituten in der EU schwieriger und auch teurer werden.
Dem Vernehmen nach will die EU-Kommission noch im Januar ihre Liste mit Drittstaaten publizieren, von denen hohe Risiken oder strategische Mängel bei der Bekämpfung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung ausgehen.
Ist dies dereinst der Fall, müssen die EU-Länder dem Vorschlag der Brüsseler Behörde noch zustimmen. Dies geschieht in einem schriftlichen Verfahren. Legen die Mitgliedstaaten innerhalb einer zuvor festgelegten Frist keinen Einspruch ein, tritt die neue EU-Liste automatisch in Kraft.