Schlimmer Verdacht von Astrid und Martin Koch
«Unser Bub ist das erste Schweizer Zika-Opfer»

Mückenstiche in einem Infektionsgebiet: Ein Ehepaar aus dem Aargau quält der Verdacht, dass eine Reise schuld an der Behinderung ihres Sohnes ist.
Publiziert: 07.02.2016 um 02:19 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 03:50 Uhr
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Kümmern sich rührend um den Kleinen: Astrid und Martin Koch mit ihrem Söhnchen Sandro.
Foto: Siggi Bucher
Attila Albert

Es war der romantischste Tag ihres Lebens: Unter Palmen machte Unternehmer Martin Koch (42) aus Sarmenstorf AG seiner Astrid (30) den Heiratsantrag.

Die Angestellte einer Zahnarztpraxis war in der achten Woche schwanger, gemeinsam waren sie nach Punta Cana in der Dominikanischen Republik geflogen.

Doch jetzt quält sie ein furchtbarer Verdacht: Ihr Sohn Sandro wurde mit Mikrozephalie geboren, einem unnatürlich verkleinerten Kopf. Hatte sie sich damals unbemerkt mit dem Zika-Virus angesteckt, das als ein möglicher Auslöser der Behinderung gilt?

«Gewarnt hat uns vorher keiner», sagt Astrid Koch. «Ich wurde mehrfach von Mücken gestochen, leider ziehe ich sie geradezu an.» Beide litten damals in ihren tropischen Ferien mehrere Tage lang an Erbrechen und Durchfall.

Als Sandro geboren wurde, war er 42 Zentimeter gross und nur 2090 Gramm schwer. Schon damals fiel sein kleiner Kopf auf, eine Untersuchung bestätigte: Er hat Mikrozephalie und Lissenzephalie, eine körperliche und geistige Behinderung.

Überall im Haus der Familie stehen Medikamente und Medizingeräte, darunter eine Ernährungspumpe, die Sandro seit Mai 2014 ständig begleitet. Zwei Jahre ist er jetzt alt, wiegt aber gerade neun Kilo. Im ersten Jahr weinte er durchgehend, vermutlich, weil er Magen- und Darmprobleme hatte. Im letzten Jahr war er neunmal stationär im Spital.

«Er freut sich, wenn wir AC/DC auflegen»

«Es war ein grosser Schlag für uns», sagt der Vater. «Wir brauchten einige Zeit, um zu akzeptieren, dass er vieles, was normal ist, nie können wird. Mit einem Jahr beginnen andere Kinder zu laufen, zu sprechen. Unser Sohn kann nichts davon.» Gleichwohl versorgen sie ihn mit aller Liebe: Sie freuen sich, wie er lacht, wenn er Musik oder bestimmte Geräusche hört. Die Mutter: «Anfangs fand er Glockengeräusche ganz toll, jetzt freut er sich immer, wenn wir AC/DC auflegen.»

Ist Söhnchen Sandro ein Zika-Opfer?
Foto: Siggi Bucher

Eigentlich wollten die Eltern mit der Taufe warten, bis Sandro ein Teenager ist und selbst entscheiden kann. Wie lange Sandro bei ihnen sein wird, wissen sie nicht. Deshalb haben sie ihn schon als Säugling getauft. «Keiner kann sagen, wie seine Zukunft aussieht», sagt der Vater. «Wie viel Pflege er einmal brauchen wird, wie viel Zeit uns bleibt.» Der Verwandtschaft haben sie mit einem Brief in Sandros Namen offen mitgeteilt, wie es um den Buben steht. «Seid Mama und Papa bitte nicht böse, wenn wir euch nicht besuchen kommen», entschuldigen sie sich darin.

Rückwirkend haben sie sich über die Zika-Ausbrüche informiert, die damals in der Karibik bereits aktuell waren. «2014 und 2015 gab es in diesen Regionen viele Geburten mit Mikrozephalie», sagt Astrid Koch. «In der Schweiz wusste man nichts, eine Ärztin konnte mir nur raten, im Internet nach Informationen zu suchen.»

Laut einem BAG-Sprecher ist es möglich, dass eine Zika-Infektion der Grund für die Behinderung des Jungen ist. Doch nachträglich feststellen lässt sich das nicht, den Eltern bleibt nur, ihr Schicksal anzunehmen: «Es tut uns weh, andere, «normale» Kinder in seinem Alter zu sehen. Aber wir geben ihm alle Liebe, die wir haben, solange er bei uns sein will.»

Unheimliches Zika-Virus

Das Zika-Virus wird durch Moskitos übertragen. Derzeit breitet es sich vor allem in Mittel- und Südamerika aus, mindestens 34 Länder sind betroffen. Dort kommen vermehrt Kinder mit Fehlbildungen zur Welt, sie leiden an Mikro-zephalie und haben einen zu kleinen Kopf. Experten vermuten, dass ein Zusammenhang mit dem Virus besteht, der Beweis steht aber noch aus.

Das Zika-Virus wird durch Moskitos übertragen. Derzeit breitet es sich vor allem in Mittel- und Südamerika aus, mindestens 34 Länder sind betroffen. Dort kommen vermehrt Kinder mit Fehlbildungen zur Welt, sie leiden an Mikro-zephalie und haben einen zu kleinen Kopf. Experten vermuten, dass ein Zusammenhang mit dem Virus besteht, der Beweis steht aber noch aus.

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