Behörden wollen Youtube-Videos stoppen
Tausende Menschen demonstrieren wieder in Moskau

Begleitet von einem massiven Aufgebot der Polizei haben in Moskau zehntausende Menschen gegen Polizeigewalt und für faire und freie Wahlen demonstriert. Erwartet wurden am Samstag zu der von den Behörden genehmigten Kundgebung bis zu 100'000 Teilnehmer.
Publiziert: 10.08.2019 um 13:39 Uhr
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Aktualisiert: 12.08.2019 um 15:14 Uhr
In Moskau trotzen tausende Menschen dem Regen und demonstrieren gegen Polizeigewalt und für faire und freie Wahlen.

Viele Menschen strömten selbst lange Zeit nach dem offiziellen Beginn zu der Kundgebung in der Hauptstadt. Sie folgten trotz Regens dem Aufruf der Opposition. Diese will erreichen, dass alle Kandidaten zur Stadtratswahl in vier Wochen zugelassen werden.

Regierungskritiker sind dort wegen angeblicher Formfehler bei ihren Registrierungsanträgen nicht zugelassen. Viele prominente Oppositionspolitiker sitzen in Haft. Zu den Protesten haben aber auch bekannte Blogger mit Millionen Followern aufgerufen, um ein Zeichen gegen Polizeigewalt zu setzen.

Riesiges Polizeiaufgebot

Am Rande der Demonstration zogen Hundertschaften von Uniformierten in Schutzwesten, mit Schlagstöcken und Helmen auf. Vor den Personenkontrollen der Polizei staute es sich. Menschen mussten lange warten, um überhaupt zum Versammlungsort zu gelangen. Gekommen waren viele junge Menschen, aber auch Eltern mit ihren Kindern und Ältere.

Warum demonstrieren die Russen?

Die Demonstranten skandierten mit Blick auf Kremlchef Wladimir Putin «Russland ohne Putin». Auf Transparenten war etwa zu lesen «Geben Sie Moskau die Wahlen zurück», «Hier wählen wir», «Ich habe das Recht auf eine Wahl» oder «Ich bin wütend». In anderen Städten Russlands wie St. Petersburg gab es Solidaritätskundgebungen.

Bei nicht erlaubten Protesten waren an den beiden vergangenen Samstagen mehr als 2000 Menschen vorübergehend festgenommen worden. Sicherheitskräfte gingen massiv gegen friedliche Demonstranten vor. Das stiess international auf Kritik.

Behörden wollen gegen Youtube  und Google vorgehen

Nach den Protesten und Massenfestnahmen in Moskau haben die russischen Medienaufseher den Internetriesen Google aufgefordert, Werbung für nicht genehmigte Proteste auf seiner Plattform Youtube zu verbieten.

In einem Schreiben wird das Unternehmen aufgefordert, Massnahmen zu ergreifen, mit denen verhindert werden solle, dass für nicht zugelassene Proteste geworben werde, teilte die Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor am Sonntag mit.

Konkret beklagt die Behörde demnach «Strukturen», die Youtube-Kanäle nutzen, um Push-Nachrichten über solche Aktionen zu verbreiten. Darüber beklagte sich bereits am Samstag Andrej Klimow vom russischen Föderationsrat. Menschen würden mit so etwas manipuliert, sagte er nach Berichten russischer Medien. "Sie erhielten ohne Grund Informationen aus Quellen, die sie nie abonniert hatten."

Auf Youtube sind viele Videos veröffentlicht worden, die das teils harte Durchgreifen der Polizei bei Festnahmen zeigen. Allein in den vergangenen drei Wochenenden wurden mehr als 2000 Menschen in der russischen Hauptstadt festgenommen.

Es gibt auch Videos bei Youtube von der Demonstration am vergangenen Samstag, zu der nach Schätzungen der Organisatoren mehr als 50'000 Menschen gekommen waren. Diese Kundgebung hatten die Behörden im Gegensatz zu den Protesten an den Wochenenden davor genehmigt.

Roskomnadsor drohte Google, sollte eine Reaktion ausbleiben, werde dies Russland als feindselige Einmischung in innere Angelegenheiten Russlands und in demokratische Wahlen betrachten. Dann behalte man sich das Recht vor, «angemessen» darauf zu reagieren. (SDA)

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