Lange Zeit mussten sich die Iraner den Gesetzen ihres religiös-fanatischen Regimes anpassen. Nun haben sie genug: Nach dem Desaster mit dem versehentlichen Abschuss einer ukrainischen Passagiermaschine geraten die Mullahs massiv unter Druck. Die Iraner wittern die Freiheit, die ihre Vorfahren schon einmal hatten.
Tausende protestieren auf der Strasse gegen die religiöse Führung, halten sogar Plakate mit der Aufschrift «Tod dem Diktator» hoch und reissen das Konterfei des getöteten, vom Regime verehrten Generals Qassem Soleimani (†62) von den Wänden.
TV-Moderatorinnen bitten um Verzeihung
Besonders mutig sind die Frauen. Sie haben im muslimischen Land noch viel weniger Rechte als die Männer. In der Öffentlichkeit müssen sie Kopftuch tragen, sich mit Meinungsäusserungen bedeckt halten.
Mehrere Moderatorinnen des iranischen Staatsfernsehens Irib haben den Bettel nun hingeschmissen, berichtet der «Guardian». Gelare Jabbari bat auf Instagram um Entschuldigung: «Es war sehr hart für mich zu glauben, dass unsere Leute getötet wurden. Verzeiht mir, dass ich es so spät erfahren habe. Und vergebt mir die 13 Jahre, die ich euch angelogen habe.» Der Post wurde inzwischen gelöscht.
Sahra Khatami sagte: «Vielen Dank, dass Sie mich bis heute als Aushängeschild akzeptiert haben. Ich werde nie zum TV zurückkehren. Vergebt mir.» Ihre ebenfalls bekannte Kollegin Saba Rad doppelte nach: «Danke für die Unterstützung in all den Jahren meiner Karriere. Ich kündige an, dass ich nach 21 Jahren Radio und Fernsehen meine Arbeit in den Medien nicht fortsetzen kann. Ich kann nicht.»
Top-Sportlerin flieht nach Europa
Auch Kimia Alisadeh (21), die an den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro im Taekwondo die Bronzemedaille gewann, rebelliert – und hat sich in die Niederlande abgesetzt. Sie sagte, dass sie gezwungen worden sei, ein Kopftuch zu tragen, und beschuldigte Beamte des Sexismus und der Misshandlung. Alisadeh: «Ich bin eine der Millionen von unterdrückten Frauen im Iran. Ich trug immer, was sie mir sagten, und wiederholte immer, was sie forderten. Jeden Satz, den sie forderten, habe ich wiederholt. Wir sind nur Werkzeuge.»
An der Schach-WM in Shanghai entledigte sich die iranische Chefschiedsrichterin Shohreh Bayat (32) kurzerhand ihres Kopftuchs, nachdem sie der iranische Schachverband aufgefordert hatte, die Haare besser zu verstecken. Aus Angst vor Bestrafung wird sie vorderhand nicht in ihre Heimat zurückkehren.
Auch die bekannte Schauspielerin Taraneh Alidoosti (36) scheute nicht davor zurück, die religiöse Führung öffentlich zu kritisieren. Auf Instagram schrieb sie: «Wir sind keine Bürger. Wir sind Geiseln. Millionen von Geiseln.»
Bereits vor zwei Jahren hatten mutige Iranerinnen öffentlich ihr Kopftuch abgelegt und demonstrativ an einen Stab gebunden. Das islamische Regime hat sie dafür mit Gefängnis bestraft.
Nach dem Abschuss eines ukrainischen Flugzeugs mit 176 Menschen an Bord nahe Teheran sind nach Angaben der iranischen Justiz «einige» Personen -verhaftet worden. «Wir -haben intensive Ermittlungen durchgeführt und es gab in diesem Zusammenhang Verhaftungen», so Justizsprecher Gholam-Hussein Ismaili gestern. Aus welchen Institutionen und Abteilungen die -Verhafteten kommen, sagte der Sprecher nicht. Der Fall sei kompliziert und man müsse in viele Richtungen ermitteln, um zu einem -klaren Ergebnis zu kommen.
Nach dem Abschuss eines ukrainischen Flugzeugs mit 176 Menschen an Bord nahe Teheran sind nach Angaben der iranischen Justiz «einige» Personen -verhaftet worden. «Wir -haben intensive Ermittlungen durchgeführt und es gab in diesem Zusammenhang Verhaftungen», so Justizsprecher Gholam-Hussein Ismaili gestern. Aus welchen Institutionen und Abteilungen die -Verhafteten kommen, sagte der Sprecher nicht. Der Fall sei kompliziert und man müsse in viele Richtungen ermitteln, um zu einem -klaren Ergebnis zu kommen.
Schlägt das Regime zurück?
Auslöser für den massiven Protest ist die Ermordung von Qassem Soleimani, des Generals der gefürchteten Al-Quds-Brigaden, durch die Amerikaner am 3. Januar. Kurz darauf stürzte in Teheran eine startende ukrainische Passagiermaschine mit 176 Personen an Bord ab. Erst nach mehreren Tagen gab die vom religiösen Regime geführte Revolutionsgarde zu, das Flugzeug «irrtümlich» abgeschossen zu haben, weil sie es für eine feindliche Rakete hielt.
Die religiöse Staatsführung hat bisher relativ zurückhaltend auf die mutigen Frauen und die Demonstranten auf der Strasse reagiert. Aber es gibt Befürchtungen, dass die Proteste wie schon im November blutig niedergeschlagen werden könnten. Damals kamen rund 1500 Menschen ums Leben.
Doch sind inzwischen der Mut und die Wut der jahrelang unterdrückten Frauen grösser als die Angst vor jeder Strafe.
Der Konflikt zwischen dem Iran und den USA spitzt sich immer weiter zu. Im Newsticker halten wir Sie über die Vorkommnisse auf dem Laufenden.
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