Der Bund als Vorzeige-Arbeitgeber? Von wegen! Nicht nur der Chef der Parlamentsdienste, der wegen seines autoritären Auftretens äusserst unbeliebt ist, wie BLICK publik machte, sorgt für Ärger bei Bundesangestellten. Auch bei frischgebackenen Vätern ist der Bund unbeliebt.
Dabei wäre das Gesetz papifreundlich: Mitarbeiter der Bundesverwaltung haben das Recht, nach der Geburt oder der Adoption eines Kindes ihren Beschäftigungsgrad um 20 Prozent zu senken.
Nur schwer durchsetzbar
Der Grad der Beschäftigung darf dabei nicht unter 60 Prozent fallen. Zudem muss der Anspruch auf eine Pensenreduktion innerhalb eines Jahres nach Geburt oder Adoption des Kindes geltend gemacht werden.
So steht es in Artikel 60a der Bundespersonalverordnung – eigentlich. In der Praxis sieht es anders aus. BLICK weiss von mehreren Fällen bei diversen Bundesämtern, bei denen werdende Väter bei ihren direkten Vorgesetzten abgeblitzt sind oder erst nach zähen Verhandlungen eine Reduktion durchsetzen konnten. Die Rede ist vom «Wegwerfartikel 60a».
«In unserem Staatssekretariat werden die Männer klar benachteiligt. Bei Frauen ist es nie ein Problem, wegen eines Kindes auf Teilzeit zu gehen», sagt eine Verwaltungsangestellte, die ihren Namen nicht nennen will, da sie sonst womöglich mit Konsequenzen zu rechnen hätte.
Man muckt lieber nicht auf, sondern nimmt hin, dass Väter kaum reduzieren können. Das zeigen auch die Zahlen: Während beim Bund mehr als die Hälfte der Frauen Teilzeit arbeitet, sind es bei den Männern keine 12 Prozent. Und es wird nicht besser: 2017 haben in der Bundesverwaltung 194 Angestellte ihr Pensum wegen eines Kindes gesenkt. 70 Prozent davon waren Frauen – bloss 30 Prozent Männer.
Karriere steht auf dem Spiel
Der Grund, weshalb die Chefs klemmen, sei immer derselbe. «Sie fürchten, Stellenprozente in der Abteilung zu verlieren und diese nie wieder zurückzubekommen», erklärt ein Vater, der vor einiger Zeit selbst reduzieren wollte und auf solch grossen Widerstand stiess, dass er es am Schluss bleiben liess. Auch er will seinen Namen nicht in der Zeitung lesen, da er sich seine Karriere nicht verbauen wolle.
Das Eidgenössische Personalamt (EPA) betont: Wenn Mitarbeiter die gesetzlichen Bedingungen erfüllen, «dann muss die Pensumsreduktion gewährt werden». Es rät den Vätern, auf das Anrecht zu verweisen. «Nötigenfalls müssen sie an die nächsthöhere Instanz gelangen», so Sprecher Anand Jagtap.
Einfach ist das nicht. Manche Chefs mogeln sich gar durch: Den Arbeitnehmern werden statt der 20-Prozent-Reduktion 10 Prozent zugestanden. Der Arbeitsaufwand nehme aber nicht ab, berichten Betroffene. Die Arbeit sei nur mit Überstunden zu schaffen. «Das Einzige, was abnimmt, ist der Monatslohn», sagt ein Vater zu BLICK, der eine andere Lösung wählt: Er wechselt in die Privatwirtschaft.