Es herrschte Waffenrechtskater in der SVP. Die Chance, die Verschärfung des Waffenrechts vor dem Volk zu kippen, war klein. Doch nun kommt unverhofft ein Geschenk aus Frankreich, das der Partei Aufwind im Abstimmungskampf beschert.
Der französische Präsident Emmanuel Macron (41) forderte nämlich in einem offenen Brief, publiziert in Zeitungen in allen 28 EU-Staaten und der Westschweizer «Le Temps», einen Totalumbau des Schengen-Raums. Der im eigenen Land ins Straucheln geratene Präsident will eine «gemeinsame Grenzpolizei» und eine «europäische Asylbehörde». Und da die Schweiz auch Schengen-Mitglied ist, müsste sie sich beugen.
«Merci bien, Monsieur Macron! Genau diese Arroganz ist eine Steilvorlage für die Schweiz», freut sich SVP-Präsident Albert Rösti (51). «Sie öffnet hoffentlich allen die Augen und zeigt, wie weit die EU gehen will. Mit einer Ablehnung des Waffenrechts können wir schon mal zeigen, dass wir uns nicht alles aufzwingen lassen.»
SVP-Rösti: «Wir sind sicher nicht bereit, alles zu schlucken»
Die Arroganz kommt zur rechten Zeit. Hinter vorgehaltener Hand fürchtet die SVP nämlich am 19. Mai eine Ohrfeige an der Urne. Selbst in der eigenen Basis sei der Rückhalt für das Waffenrechts-Nein wackelig.
Aber jetzt kommt Macron zu Hilfe – als personifizierte EU! «Macron will offenbar von seinem innenpolitischen Unvermögen ablenken. Aber er zeigt uns mit dieser selbstherrlichen Geste, wohin die Verträge mit der EU führen. Nämlich zur Aufgabe der Schweiz», sagt Rösti. «Jetzt haben wir die Gelegenheit, der EU zu signalisieren: Wir als Schengen-Mitglied sind sicher nicht bereit, alles zu schlucken.»
SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi (40) zieht eine Analogie zum Kampf gegen das Rahmenabkommen mit der EU. «Da will man uns auch die automatische Rechtsübernahme aufzwingen. Wenn jetzt ein Macron solch souveränitätsfeindliche Pläne bei einem eigentlich ausgehandelten Vertrag hat, zeigt das, was uns auch bei einem Rahmenabkommen blühen würde.»
SP-Molina: «Die SVP wird auf die Nase fallen»
Auf der linken Bundeshausseite nimmt man die innenpolitischen Auswirkungen von Macrons brisantem Plan vordergründig gelassen. «Die SVP kann Macrons Worte gerne als Steilvorlage für den Waffenrechts-Abstimmungskampf nehmen – sie wird damit auf die Nase fallen», sagt SP-Aussenpolitiker Fabian Molina (28). Das Waffenrecht und Schengen seien ja gerade «Paradebeispiele» dafür, wie die Schweiz von der EU profitiere, ohne Mitglied zu sein. «Beim Waffenrecht ist man uns sehr entgegengekommen, die EU nimmt auf die Besonderheiten der Schweiz Rücksicht.»
Doch trotz europafreundlicher Haltung – an Macrons Worten lässt auch Molina kein gutes Haar: «Macron betreibt Etikettenschwindel. Seine Forderungen hat die EU-Kommission ja teilweise schon beschlossen. Aber leider nur im repressiven Bereich: Man stärkt Frontex, aber nicht die humanitäre Hilfe.»