Der bundeseigene Rüstungskonzern Ruag stellte heute Freitag seine Jahresbilanz 2017 vor. Doch mehr als die Geschäftszahlen interessiert die Frage, wie es möglich war, dass ein hohes Kadermitglied jahrelang Rüstungsgüter nach Russland verkaufen konnte, ohne dass der Konzern etwas davon mitbekam (BLICK berichtete).
Ruag-Chef Urs Breitmeier gibt sich «enttäuscht», dass der Kadermitarbeiter entgegen dem Verhaltenskodex und ohne unsere Erlaubnis an einem Drittgeschäft beteiligt habe. «Das ist eine Enttäuschung und entspricht nicht unseren Erwartungen.» Seit 2010 war der Mitarbeiter bei der Ruag beschäftigt. Er habe ihn gekannt, so Breitmeier. «Ich war mit ihm schon auf Reisen und an Tagungen.»
Ruag hat Putins Leibgarde beliefert
Breitmeier stellt klar, dass die Ruag weder Helikopter noch Beobachtungsgeräte, Sensoren oder Scharfschützengewehre nach Russland geliefert habe. «Es ist aber Fakt, dass die Ruag in der Zeit vor dem Embargo 2014 Lieferungen nach Russland gemacht hat. Es handelte sich um Munitionslieferungen an die russische Präsidentengarde. Dies in der Grössenordnung von einer Million Franken», so der CEO.
Ausschliessen könne er, dass nach dem Embargo Ruag-Güter an Putin geliefert worden seien.
Doch wir konnte ein hochrangiger Kadermitarbeiter der Munitionssparte Ruag-Ammotec so lange an seinen Chefs vorbei Waffen verschieben? Schaut die Ruag zu wenig gut hin, wen sie anstellt?
Breitmeier verneint das. «Wir wählen die Mitarbeiter sehr sorgfältig aus und überprüfen diese auch. Auch der besagte Mitarbeiter wurde standartmässig überprüft.»
«Die Geschichte ist unangenehm»
Er findet zudem, dass die Compliance-Prozesse, die für eine rechtmässige Geschäftsführung sorgen sollen, gegriffen hat: «Es war unsere Whistleblower-Stelle, die die Meldung erhalten hat.»
Allerdings brauchte es den glücklichen Zufall, dass sich das Trio zerstritt und der Zuger Waffenhändler auspackte. Sonst wären die Machenschaften womöglich noch Jahre nicht ans Licht gekommen. Breitmeier verteidigt sich: Die Ruag könne nicht hinter jeden Mitarbeiter eine Person stellen, die kontrolliert, was dieser in der Freizeit mache.
Ebenfalls nicht, was ein Mitarbeiter auf einer Geschäftsreise am Abend an der Bar bespreche. «Irgendwo hat es seine Grenzen. Wir sind verantwortlich für das, was in der Firma geschieht. Was die Mitarbeiter aber sonst tun – dafür können wir nicht verantwortlich gemacht werden», so der Ruag-CEO.
Dennoch sei diese «Geschichte für uns unangenehm»: «Wir haben alles Interesse daran, dass der Fall restlos auf geklärt wird. Wir kooperieren mit allen Behörden.» Bei der Hausdurchsuchung der Bundesanwaltschaft am Donnerstag morgen seien einzig die Arbeitsräume des besagten Mitarbeiters durchsucht worden. Die Ruag selbst ist also nicht im Visier der Behörden.