Klare Strategie vom Bundesrat gefordert
Bauern wollen Klarheit – bio oder Wettbewerb?

Einerseits soll die Schweizer Landwirtschaft nachhaltiger werden. Andererseits wünscht sich der Bundesrat mehr Wettbewerb. Für den Bauernverband ist das ein Widerspruch. Er fordert von der Regierung nun eine verbindliche Strategie.
Publiziert: 03.01.2020 um 14:13 Uhr
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Verbandspräsident Markus Ritter spricht von einer «Quadratur des Kreises». Das Kunststück, diese widersprüchlichen Vorgaben unter einen Hut zu bringen, könne nicht gelingen.
Foto: Keystone

Die Schweizer Bauern wollen endlich wissen, woran sie sind. Angesichts widersprüchlicher Anforderungen an die Landwirtschaft verlangt der Bauernverband (SBV) vom Bundesrat eine klare Strategie in der Agrarpolitik 22+. Im Februar will die Regierung um Landwirtschaftsminister Guy Parmelin (60, SVP) dazu ihre definitive Botschaft vorlegen. Diese möchte die Schweizer Landwirtschaft nachhaltiger machen. Gleichzeitig aber soll sie mehr auf Wettbewerb und Markt ausgerichtet werden.

Für den Bauernverband ist klar: «Dieses Kunststück wird nicht gelingen.» Das hat die Verbandsspitze an ihrer Jahresmedienkonferenz vom Freitag festgehalten. Der Dachverband der Schweizer Bauernfamilien fordert vom Bundesrat deshalb eine klare Strategie. Und er soll diese konsequent verfolgen. Angesichts der bevorstehenden Abstimmungen über die Trinkwasser- und die Pestizidverbots-Initiative, das Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten und der Agrarpolitik 22+ spricht der SBV von einem «Schicksalsjahr» für die Bauernfamilien.

«Quadratur des Kreises»

Die Forderungen und Inhalte der verschiedenen Vorlagen, Verträge und Projekte hängen alle «auch ein bisschen zusammen», findet SBV-Präsident Markus Ritter (52). Wenn die Agrarpolitik 22+ diese «Quadratur des Kreises» schaffen wolle, gehe es nicht ohne eine klare Ansage durch den Bundesrat. «Wenn wir wissen, wohin die Reise verbindlich geht, können auch wir Bauernfamilien mitziehen», so der St. Galler CVP-Nationalrat.

Die Verbandsvertreter legen den Finger auf die sich aus ihrer Sicht zuwiderlaufenden Ziele und Inhalte der drei grossen Geschäfte. Zum einen seien da die Initiativen «Für sauberes Trinkwasser» und «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide», welche in ihrer umweltpolitischen Radikalität de facto Importförderungs-Initiativen seien, und die ganze Wertschöpfungskette der Schweizer Landwirtschaft «aufs Abstellgleis» stellten.

Widersprüchliche Strategien

Für den SBV ist es «komplett illusorisch», dass bei einer Annahme alle plötzlich nur noch biologisch produzierte Produkte wollten und auch bereit seien, einen höheren Preis dafür zu bezahlen. Die Konsumenten könnten den Anbau schon heute steuern, kauften aber gerade einmal 12 Prozent Bioprodukte ein.

Der Gegenpol zu den beiden Initiativen ist laut SBV das Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten. Hier halte die offizielle Schweiz wenig von Nachhaltigkeit und Tierschutz. Laut SBV-Direktor Jacques Bourgeois (61) dürften mit diesem Abkommen vermehrt Importprodukte in die Schweiz gelangen, die unter «so miserablen Bedingungen hergestellt sind, dass sie mit Nachhaltigkeit nichts zu tun haben».

Notfalls brauche es einen Grenzschutz

Das Abkommen dürfe die Schweizer Produktion nicht in Frage stellen. Der SBV ist deshalb skeptisch und will sich erst positionieren, wenn das definitive Abkommen vorliegt. In der Schweiz seien die Anforderungen an die Produktion von Lebensmitteln hoch – und die Landwirte bemühten sich, sich laufend zu verbessern. Die Schweizer Bauern erwarteten deshalb gleich lange Spiesse bei den Produktionsmethoden, und wo dies nicht gewährleistet sei, einen funktionierenden Grenzschutz.

Unter dem Strich führen die beiden Initiativen und das Freihandelsabkommen nach Einschätzung des SBV dazu, dass die einheimische nachhaltige Produktion in Frage gestellt wird und Importe sowie Einkaufstourismus angekurbelt werden. (dba / SDA)

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