Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard will Nationalbank-Geld für die AHV
«Zwei Milliarden Franken sind ein Witz»

Die Nationalbank will Bund und Kantonen zusätzliches Geld ausschütten. Damit reagiert die Bank auch auf die politische Debatte. Doch Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard reicht das nicht. Er will Dutzende Milliarden aus den Nationalbank-Gewinnen für die AHV.
Publiziert: 09.01.2020 um 16:43 Uhr
|
Aktualisiert: 09.01.2020 um 18:49 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/7
Die Nationalbank schwimmt im Geld – davon soll die AHV profitieren, fordern die Gewerkschaften.
Foto: Keystone
Ruedi Studer

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat im vergangenen Jahr einen hohen Gewinn von 49 Milliarden Franken erzielt. Gut zwei Milliarden Franken gehen dabei auf die Negativzinsen zurück. Bund und Kantone erhalten nun zwei Milliarden Franken aus den Gewinnen ausgeschüttet. Und die Nationalbank stellt eine weitere Zusatzausschüttung in Aussicht – wie viel, ist aber noch offen.

Die Nationalbank reagiert damit auch auf die politische Debatte. Denn die Gewerkschaften fordern schon lange mehr Geld aus den Nationalbankgewinnen für die AHV und liebäugeln mit einer Volksinitiative. Auch in SVP-Kreisen gibt es entsprechende Überlegungen.

Maillard will überparteiliche Lösung

Deshalb versucht Gewerkschaftsboss und SP-Nationalrat Pierre-Yves Maillard (51, VD) nun im Parlament eine überparteiliche Lösung zu finden, wie er am Rande der Jahresmedienkonferenz des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds im BLICK-Interview erklärt.

BLICK: Herr Maillard, die Nationalbank schüttet Bund und Kantonen mehr Geld aus. Zwei Milliarden Franken sind fix. Eine zusätzliche Ausschüttung soll noch vereinbart werden. Sind Sie zufrieden damit?
Pierre-Yves Maillard: Das ist ein erster Schritt, aber es ist klar ungenügend! Zwei Milliarden Gewinnausschüttung an Bund und Kantone bei einem Gewinn von 50 Milliarden reichen bei weitem nicht. Insgesamt geht es um Dutzende Milliarden Franken, die in die AHV fliessen könnten. Das wäre ein nützlicher Beitrag zur langfristigen Finanzierung der AHV, auch mit einer 13. Rente, für welche wir im März eine Volksinitiative lancieren werden.

Damit greifen Sie in die Unabhängigkeit der Nationalbank ein.
Eine Sonderlösung ist berechtigt. Denn es gibt derzeit zwei Besonderheiten. Erstens geht ein Teil der Gewinne auf die Negativzinsen zurück – in den letzten Jahren waren dies insgesamt über 10 Milliarden Franken. Geld, das der Altersvorsorge fehlt. Die Negativzinsen sind derzeit zwar nötig, aber die Gewinne daraus müssen zurück in die Altersvorsorge fliessen – vor allem in die AHV.

Und die zweite Besonderheit?
Das riesige Gewinnvolumen insgesamt. Die Gewinnausschüttungs-Reserven betragen mittlerweile gegen 100 Milliarden Franken. Da sind zwei Milliarden Franken Ausschüttung ein Witz.

Sie wollen die gesamte Summe abschöpfen?
Gemäss der Verfassung sollte die Nationalbank alle ihre Gewinne zurückgeben, ohne Verspätung und ohne Wenn und Aber. Im Grundsatz müssen die Gewinne an Bund und Kantone zurückfliessen. Ich verstehe aber, dass eine gewisse Reserve vernünftig ist, aber nicht in diesem Ausmass wie heute.

Wie gehen Sie nun vor?
Wir sind im Parlament im Gespräch. Wir wollen mit anderen einen konkreten Vorschlag entwickeln und eine überparteiliche Lösung finden. Es sollte in den nächsten Monaten stattfinden. Wenn es nicht möglich ist, hat unsere Delegiertenversammlung eine entsprechende Volksinitiative vorgesehen.

Soll das Geld nur der AHV zugutekommen?
Grösstenteils ja. Bund und Kantone werden sowieso auch Geld bekommen und können so an Investitionen im Service public oder in anderen Bereichen denken. Aber wir sind offen für Diskussionen.

Hat der politische Druck dazu geführt, dass SNB-Präsident Thomas Jordan zusätzlich Geld ausschütten will?
Natürlich. Wenn die Nationalbank bei der Bevölkerung mehr Verständnis für ihre Geldpolitik mit Negativzinsen haben will, muss sie sich offen zeigen.

Haben Sie sich auch direkt mit Jordan getroffen?
Wir haben uns getroffen. Er verteidigt natürlich die Geldpolitik und die Unabhängigkeit der Nationalbank. Aber das sollte mit einer Öffnung zu unseren Vorschlägen kompatibel sein. Das ist auch nötig.

SNB macht 49 Milliarden Gewinn

Glanzresultat dank optimalem Umfeld an den Finanzmärkten: Gemäss provisorischen Berechnungen weist die Schweizerische Nationalbank (SNB) um Präsident Thomas Jordan (56) für das vergangene Jahr einen Gewinn von 49 Milliarden Franken aus.

Der Löwenanteil davon entfiel mit 40 Milliarden Franken auf die Fremdwährungspositionen. Auf dem Goldbestand resultierte ein Bewertungsgewinn von 6,9 Milliarden. Der Erfolg auf den Frankenpositionen (mehrheitlich Negativzinsen) belief sich auf rund 2 Milliarden Franken.

Der Gewinn ermöglicht eine Dividendenzahlung von 15 Franken pro Aktie. Auch schüttet die SNB an Bund und Kantone insgesamt zwei Milliarden Franken aus. Der auszuschüttende Betrag geht zu einem Drittel an den Bund und zu zwei Dritteln an die Kantone. Die SNB-Ausschüttungsreserven betragen nun noch 86 Milliarden Franken. Noël Brühlmann

Glanzresultat dank optimalem Umfeld an den Finanzmärkten: Gemäss provisorischen Berechnungen weist die Schweizerische Nationalbank (SNB) um Präsident Thomas Jordan (56) für das vergangene Jahr einen Gewinn von 49 Milliarden Franken aus.

Der Löwenanteil davon entfiel mit 40 Milliarden Franken auf die Fremdwährungspositionen. Auf dem Goldbestand resultierte ein Bewertungsgewinn von 6,9 Milliarden. Der Erfolg auf den Frankenpositionen (mehrheitlich Negativzinsen) belief sich auf rund 2 Milliarden Franken.

Der Gewinn ermöglicht eine Dividendenzahlung von 15 Franken pro Aktie. Auch schüttet die SNB an Bund und Kantone insgesamt zwei Milliarden Franken aus. Der auszuschüttende Betrag geht zu einem Drittel an den Bund und zu zwei Dritteln an die Kantone. Die SNB-Ausschüttungsreserven betragen nun noch 86 Milliarden Franken. Noël Brühlmann

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?