Agrar-Experte Andreas Bosshard ist sicher
«In Krisenzeiten könnten wir uns selber ernähren»

BLICK zeigt mit Zahlen des Bundesamtes für Landwirtschaft, dass mehr Direktzahlungen in die Berggebiete fliessen. So wie bei der Agrarreform anvisiert. Experte Andreas Bosshard sagt, warum man nicht zufrieden sein kann.
Publiziert: 31.10.2016 um 10:44 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 20:26 Uhr
Alp mit umgebauten Häusern oberhalb von Zwischbergen VS: Mit der Umlenkung von mehr Direktzahlungen in die Berggebiete hat man den Kulturlandverlust laut Experte Andreas Bosshard abbremsen können.
Foto: Thomas Andenmatten
Interview: Simon Huwiler

Heuer fliessen mehr Direktzahlungen in die Berge. «Vision Landwirtschaft», ein Zusammenschluss unabhängiger Landwirtschaftsexperten, ist noch nicht zufrieden.

«Vision Landwirtschaft»-Geschäftsführer Andreas Bosshard.

BLICK: Yannick Squaratti und Lukas Escher ackern trotz wenig Ertrag. Dank der Direktzahlungen können sie überleben. Herr Bosshard, sind dafür die Bundesgelder da?
Andreas Bosshard:
Ja, zumindest teilweise. Die Agrarreform wollte unter anderem, dass die Direktzahlungen gerechter verteilt werden. Gerade auf Betrieben mit vielen Steillagen ist das Einkommen massiv kleiner als im Flachland. Vor der Reform wurde deshalb jedes Jahr die Nutzung von steilem Land in der Grössenordnung von der Fläche des Bielersees aufgegeben. Diese Entwicklung konnte man jetzt etwas verlang­samen.

Wo versagen die Direktzahlungen?
Vor allem bei der Ökologie haben wir massive Defizite. Zwar weist die Schweiz viele Ökoflächen auf, doch unterscheiden sich viele kaum von intensiv genutzten Flächen. Ein anderes Beispiel sind die Pestizide: Ein grosser Teil unserer Fliessgewässer in Ackerbauregionen ist über die gesetzlichen Grenzwerte mit Dutzenden von Pestiziden belastet.

Also sollten die Ökobeiträge erhöht werden?
Das ist schwierig, diese sind bereits fünf bis zehn Mal höher als im umliegenden Ausland. Man sollte vielmehr die Versorgungssicherheitsbeiträge, welche eine zu intensive, umweltschädliche Produktion anheizen, stark reduzieren.

Das gefährdet doch unsere Versorgungssicherheit!
Diese sehr hohen Zahlungen tragen nachweislich nichts zur Versorgungssicherheit bei. Wir haben keine Produktionslücke und könnten uns in Krisenzeiten noch heute selber ernähren. Entscheidend ist aber, dass nicht noch mehr Kulturland zugebaut wird oder verbuscht.

Trotzdem: Ökologische Landwirtschaft gefährdet unsere Versorgungssicherheit, denn Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit widersprechen sich.
Nein, wir stellen das Gegenteil fest. Bauern, die ökologisch wirtschaften, verdienen oft mehr als Betriebe, die sehr intensiv und daher zu teuer produzieren. Zudem: Alles, was gegen die Natur geht, kostet früher oder später.

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