Sich nie mehr mit Folien und Flipcharts abmühen: Diese Hoffnung weckte Albrecht von Müller, Gründer der Internetfirma Think Tools. Deren Software sollte Unternehmen helfen, komplexe Probleme zu lösen.
Zumindest bei den Anlegern schlug diese Idee ein. Als die Aktie von Think Tools im März 2000 mitten im Internethype an die Börse kam, rissen sich die Investoren um den Titel. Die für 270 Franken ausgegebene Aktie schoss am ersten Handelstag auf 1050 Franken, den höchsten je erreichten Stand.
Bereits damals gab es aber Zweifel, ob die Software von Think Tools wirklich hält, was von Müller versprach. Zudem machte der deutsche Professor Frederic Vester geltend, dass Think Tools Elemente eines von ihm entwickelten Sensitivitätsmodells übernommen habe. CASH berichtete im November 2000 unter dem Titel «Wie einmalig ist Think Tools?» darüber. Durch diesen Artikel aufgeschreckt, habe von Müller die von Vester beanstandeten Elemente aus der Software entfernt, sagt heute eine Mitarbeiterin des verstorbenen Vester.
Trotz Turbulenzen ist Think Tools nicht völlig untergegangen. Im Jahr 2004 fusionierte die Softwarefirma Redit mit dem ehemaligen Highflyer, dessen Aktienkurs nur noch bei 10 Franken lag. Redit kam so günstig an die Börse und erhielt Zugriff auf 16 Millionen Franken Bargeld, die noch in der Kasse von Think Tools lagen.
Nur fünf Monate nach der Fusion verkaufte Redit die Lizenzrechte von Think Tools an die Münchner Parmenides Foundation. Diese war von Albrecht von Müller mitgegründet worden und ist dem Center for Applied Thinking verbunden. Laut dessen Direktor Holger Müller-Kästner sei die Software von Think Tools in den letzten Jahren weiterentwickelt worden. «Mehr als der Kern des ursprünglichen Entscheidungstools ist nicht mehr vorhanden», sagt der Informatiker. Es handle sich nun um ein völlig neues Produkt. Konzerne wie Siemens und BASF würden die Software nutzen und der Parmenides Foundation Lizenzen zahlen.