In ein paar Tagen wollten sie auf Pius 19. Geburtstag anstossen, sagt ein junger Mann mit leerem Blick. «Jetzt ist er tot. Unfassbar.»
Er hält eine blonde Frau im Arm. Die Freundin von Pius. Sie bricht zusammen, wird durch Weinkrämpfe geschüttelt. «Kurz vor dem Unfall war er noch bei ihr», erzählt der Kollege.
Pius R. und Michi H. besuchen dieselbe Kantonsschule, beide sind kurz vor der Matur. Auf Fotos tragen sie denselben Look: ärmellose Muskelshirts, ein Käppi, Silberketteli.
Am Samstagmittag fahren die beiden Hip-Hop-Fans in Michis Wohnort Menzingen ZG los. Doch sie kommen nicht weit. In einer langgezogenen Linkskurve kommt Michis BMW ins Schleudern, touchiert rechts das Bord. Das Auto wird über die Gegenfahrbahn katapultiert und prallt mit voller Wucht in die Kapelle Wilen.
Tragisch: Ausser dem kleinen Gotteshaus ist weit und breit kein Gebäude, keine Mauer. Nur Kuhwiesen. Das Auto drückt die schwere Holztüre des Kirchleins ein. Reisst ein Stück von der Mauer runter.
Pius ist sofort tot. Michi wird schwerverletzt ins Spital geflogen. Er stirbt am frühen Abend.
«Man muss davon ausgehen, dass der Lenker zu schnell unterwegs war», schreibt die Zuger Polizei.
Am Unfallort gestern Nachmittag: Brennende Kerzen, ein Strauss gelber und roter Rosen. Fotos von Pius und Michi. Jemand hat einen Riegel «Milky Way» hingelegt.
Immer wieder halten Autos in der Nähe. Junge Leute gehen die trottoirlose enge Hauptstrasse entlang. Eine Frau legt ein Windlicht nieder. «Michi war ein vorsichtiger Fahrer», sagt ein junger Mann mit Käppi.
Eine alte Frau humpelt zur Kapelle. «Wahnsinn», so die Einheimische. «Ich habe gehört, was passiert ist. Jetzt musste ich das mit eigenen Augen sehen.»
Die Kapelle ist durch ein Polizeiband gesperrt, doch die aus den Angeln gehobene Holztüre gibt den Blick ins Innere frei: Die drei Bankreihen sind heil, das
Jesusbild glänzt. Am Boden liegen überall Scherben.