«Er soll in Frieden leben und sich integrieren!»
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Nachbarn über Deutschen:«Er soll in Frieden leben und sich integrieren!»

Nachbarn in Neerach ZH erklären, warum sie gegen Deutschen stimmten
«Der hat den roten Pass nicht verdient!»

Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat der Gemeindeversammlung Neerach ZH die Rote Karte gezeigt. Sie darf einem Deutschen (47) die Einbürgerung nicht verweigern. Die Nachbarn regen sich darum auf.
Publiziert: 20.05.2021 um 01:35 Uhr
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Aktualisiert: 20.05.2021 um 06:40 Uhr
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René und Ruth W. (beide 77) aus Neerach ZH regen sich über die Einbürgerung ihres Nachbarn auf. Ihr Urteil: «Er hat den roten Pass nicht verdient!»
Foto: Beat Michel/Blick
Beat Michel

Ein Deutscher hat sich in Neerach ZH wohl eine falsche neue Heimat ausgesucht, als er sich vor Jahren ein Haus im Ort kaufte. Denn bereits nach kurzer Zeit kam es mit den meisten Nachbarn zu Spannungen.
Als sich der Deutsche (47) nun einbürgern lassen wollte, sorgten die Quartieranwohner mit ihren Voten vor der Gemeindeversammlung für die Ablehnung der Einbürgerung.

Doch der Neu-Neeracher wehrte sich vor dem Bezirksrat erfolgreich dagegen. Die Gemeinde zog das Urteil wiederum weiter ans Verwaltungsgericht. Und dort wurde bestätigt, dass ein blosser Nachbarschaftsstreit nicht ausreicht, um die Einbürgerung zu verweigern.

Nachbarn hadern mit Urteil des Verwaltungsgerichts

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig – und auch der Streit noch lange nicht zu Ende. Die Nachbarn schäumen nach dem Entscheid des Zürcher Verwaltungsgerichts. «Der hat den roten Pass nicht verdient!», sagen Rentnerin Ruth (77) und ihr Mann René W.* (77). Sie ärgern sich, dass sie nach der Veröffentlichung des Urteils jetzt auch noch wie intolerante Schweizer dastehen.

Das Ehepaar erklärt, warum es sich an der Gemeindeversammlung im Sommer 2020 gegen die Annahme der Einbürgerung des Deutschen ausgesprochen hat. «Er hat nie normal mit uns kommuniziert, sondern uns nur mit Anzeigen eingedeckt», sagt die pensionierte Wirtin. Immer wenn sie über ihren Nachbarn spricht, bekommt sie einen roten Kopf. Die Gastronomin schimpft: «Er hat sich nie integriert. Da muss man doch etwas gegen seine Einbürgerung tun.»

Streit um Thuja-Hecke und Eier an Hauswand

Schon zweimal klopfte bei den Rentnern wegen des unliebsamen Nachbarn die Kantonspolizei an. Einmal, weil an der Thuja-Hecke des Deutschen ein paar Zentimeter fehlten. Ein anderes Mal, weil jemand rohe Eier an seine Hauswand geworfen hatte.

René W. dazu: «Wir konnten es gar nicht gewesen sein, wir waren ja zum Tatzeitpunkt nicht zu Hause.» Der Rentner schluckt: «Wir hatten noch nie mit der Polizei zu tun. Es war ein Schock!» Immerhin: Wegen fehlender Beweise wurden die Anzeigen schliesslich fallen gelassen.

Deutscher will sich nicht zu Vorwürfen äussern

Auch zwei weitere Nachbarn haben ein Problem mit dem Deutschen. So habe er gegen ihre auf der Strasse spielenden Kinder gewettert. Eine weitere Nachbarin hat ebenfalls ein laufendes Rechtsproblem mit dem Mann. Sie möchte aus Angst vor weiteren Klagen aber nicht über den Streit sprechen.

Noch ist offen, wie der Gemeinderat von Neerach mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts umgeht. Theoretisch könnte man das Urteil mit einer Verfassungsbeschwerde anfechten. Gemeindepräsident Markus Zink schreibt auf Blick-Anfrage, dass das Verfahren gegenwärtig noch laufe und darum «aus Prinzip» keine Auskünfte erteilt werden. Blick konnte auch kurz mit dem Deutschen sprechen. Er wollte sich aber weder zum Nachbarschaftsstreit noch zu seiner Einbürgerung äussern.

*Name der Redaktion bekannt

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