Nach Giftgas und Bombenhagel in Syrien analysiert Nahost-Experte Arnold Hottinger
Trump muss zeigen, ob es ihm ernst ist

Auch nach dem amerikanischen Bombenangriff in Syrien muss US-Präsident Trump noch beweisen, wie ernst er es mit der Bestrafung von Diktator Assad meint. Russlands Präsident Putin dagegen kann sich zurücklehnen und abwarten.
Publiziert: 09.04.2017 um 21:17 Uhr
|
Aktualisiert: 12.10.2018 um 16:01 Uhr
1/4
US-Präsident Donald Trump gab grünes Licht für die Attacke auf Syrien.
Foto: JIM WATSON
Arnold Hottinger

Es gibt zwei Gründe, aus denen US-Präsident Donald Trump sich zum Abschuss von 59 Lenkraketen auf den mittelsyrischen Militärflughafen von Shayrat entschlossen haben könnte. Entweder er beabsichtigte, die Assad-Regierung für die Verwendung von Giftgas am 4. April zu bestrafen und sie davon abzuschrecken, etwas Ähnliches wieder zu tun. Oder aber er wollte mit diesem Kriegsschlag den Beginn einer durchgreifenden Aktion gegen Assad markieren, die auf dessen Entmachtung abzielt.

Wenn es um die erste Zielsetzung ging, wird sich nicht viel an der bisherigen Lage in Syrien ändern. Assad wird weitermachen wie bisher, ob mit Giftgas oder «nur» mit Bomben, wird nicht viel verändern. Assad wird die günstige Lage weiter ausnützen, die ihm durch die Hilfe der Russen und der Iraner gegeben ist. Und er wird, wie er es offen sagt, darauf ausgehen, seine syrischen Feinde, die er alle Terroristen nennt, restlos zu vernichten.

Wenn aber das Ziel Trumps nicht die einmalige Bestrafung und Abschreckung Assads sein sollte, sondern seine dauerhafte Bekämpfung, bis er zum Rücktritt gezwungen wird, dann ändert sich die Gesamtlage in Syrien grundlegend. In diesem zweiten Fall muss man damit rechnen, dass die Russen den amerikanischen Versuchen, doch noch einen Regimewechsel in Syrien herbeizuführen, energischen Widerstand entgegensetzen werden. Damit würde sich ein verschärftes Ringen der beiden Supermächte um die Entwicklung in Syrien abzeichnen.

Gefährliche Entwicklung für die Weltpolitik

Die Einwirkung der regionalen Freunde und Feinde Assads in Syrien würde nahezu bedeutungslos. Mittlere Mächte wie Saudi-Arabien, die Golfstaaten und die Türkei auf Seiten der Gegner Assads und Iran mit Hisbollah als Stütze seines Regimes würden an Gewicht verlieren gegenüber dem wachsenden Engagement der beiden Supermächte gegen und für Assad und damit gegeneinander. Diese Entwicklung wäre gefährlich für die Weltpolitik. Sie müsste nicht unbedingt, aber sie könnte bis zu einer Eskalation mit nuklearer Konfrontation der beiden Weltmächte führen – mit möglichen weltzerstörerischen Folgen.

Wahrscheinlicher ist, dass Trump nur den ersten der beiden möglichen Pläne verfolgt. Dann werden Assad und die Russen weiterhin die Initiative innehaben und wie bisher darauf hinwirken, das Assad-Regime aufrechtzuerhalten und seine Feinde mit militärischen und ergänzenden diplomatischen Mitteln auszuschalten. Die Amerikaner werden wie bisher keinen nennenswerten Widerstand gegen diese Entwicklung leisten.

Es liegt im Interesse Putins abzuwarten, welche der beiden Handlungsweisen Trump wirklich verfolgt. Falls es sich ergeben sollte, dass er neuerdings wirklich auf einen Machtwechsel in Syrien ausgeht, müsste sich Putin entscheiden, wie energisch, wie lange, mit welchen Mitteln und auch an welchen der möglichen Schauplätze weltweit ausserhalb Syriens er sich dem amerikanischen Vorgehen entgegenstellt. Die Entscheidung liegt nun bei Trump. Putin wird auf sie reagieren. Alle anderen politischen Mächte der Welt, sogar die Chinesen, werden abwarten, um zu sehen, was weiter geschieht.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?