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Infizierte Mutter, Tochter und ihr Freund
Zu dritt in Berner Einzimmerwohnung isoliert

Selina De Simone, ihre Tochter und deren Freund befinden sich seit Donnerstag in einer Berner Einzimmerwohnung in Quarantäne. Es sei «knallhart», sagt Selina. Nur langsam finden die drei zu Kraft zurück. Humor und Kreativität helfen ihnen, das Virus zu besiegen.
Publiziert: 23.03.2020 um 02:36 Uhr
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Aktualisiert: 24.03.2020 um 00:20 Uhr
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Quarantäne zu dritt in ihrer Einzimmerwohnung sei «knallhart», sagt die Bernerin Selina De Simone.
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Zuerst hat sich wohl Tochter Alessia (16) angesteckt. Dann ordneten die Behörden eine Corona-Quarantäne auch für ihre infizierte Mutter Selina (35) und für Alessias Freund Shaun Künzler (15) an. «Weil sie vorher zu Besuch bei mir waren», sagt Selina De Simone.

Selbst-Isolation in einer Berner Einzimmerwohnung. Zu dritt. Unverhofft und strikt. Ein Schicksal, das im Moment viele Menschen in der Schweiz teilen. Sie müssen sich plötzlich aus dem Leben zurückziehen. Wie Selina, Alessia und Shaun. Es kann alle treffen. Alt und jung.

Die Diagnose, dass sich alle drei mit dem Coronavirus angesteckt haben, erhielten sie am Donnerstag. Wann und wo sie sich infizierten, wissen sie nicht. Selina war jedoch im Tessin.

WC-Papier und saubere Kleidung gehen aus

Es begann mit Husten. Die Krankheit brach gleich bei allen drei aus. Seither leben sie unter Verschluss an der Kasernenstrasse im Berner Breitenrain-Quartier.

Am zweiten Tag unter Quarantäne wurde der Husten stärker. Am dritten Tag begannen Fieber und Halsschmerzen: «Shaun hatte leichte, Alessia und ich starke Halsschmerzen.» Dann begannen Appetitmangel und Durchfall. Da hilft nur: «Viel Tee trinken und schlafen», sagt Selina.

Inzwischen mangelt es an allem. Sauberer Kleidung, WC-Papier. Die Tage waren «knallhart», sagt Mutter Selina.

Nachbarn liefern Essen über Terrasse

Das Schlimmste sei wohl überstanden, so Selina. Am Sonntag hatte die Familie endlich wieder Kraft gehabt, zu duschen. Vorbei sei die Krankheit jedoch nicht. Und die Kids seien beide sehr tapfer. «Langsam finden wir auch zu Humor zurück, daher die Corona-Kunstwerke», lacht Selina. Im Hintergrund tiefes Husten von Alessia.

Das Essen wird von Nachbarn über die Terrasse geliefert. «Den Einkaufszettel deponieren wir jeweils auch dort.» Doch keine Medizin. Selina: «Ich wollte noch am Donnerstag Medikamente kaufen gehen, aber der Hauswart hat die Polizei gerufen.»

Statt mit Medizin pflegen sie sich mit warmen Wickeln und Essig. «Wir haben 38,3 bis 38,6 Grad Fieber», sagt Selina. Auf fiebersenkende Mittel hätten sie verzichtet. Einen Impfstoff gegen das Virus gibt es nicht. Selina: «Wir haben nun alles ausgeschwitzt.»

Ratschläge an andere

Sie sei «hart im Nehmen» und habe «noch nie eine Grippe gehabt», sagt Selina. «Aber dieses neue Virus ist eine Herausforderung.» Ihr Ratschlag an andere: «Die Gesundheit ernst nehmen und Ressourcen im nahen Umfeld nutzen. Ansprüche runterschrauben und die Kraft, die man hat, auch für liebe Worte brauchen.»

Entschleunigen, weg von Perfektionismus und Leistung, habe ihr geholfen. «Dem Körper danken für die grossartige Arbeit in seinem Kampf gegen dieses Scheissvirus», so Selina.

«Und ganz besonders wichtig: Mit dem, was man hat, für Glücksmomente sorgen und trotz der widrigen Umstände Humor mit einer Prise Kreativität bewahren», schliesst Selina. Die erschöpften Kids schlafen gerade. Es ist spät. Selina ist todmüde. Den Wecker stellt sie nicht. (kes)

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