Musik
Jazz Festival Willisau setzt auf Entdeckungen statt Stars

Das Jazz Festival Willisau feiert heute seine 50. Ausgabe. Zum Jubiläum sagt Festivalleiter Arno Troxler, warum er lieber auf Neuentdeckungen setzt, statt grosse Namen ins Luzerner Hinterland zu holen.
Publiziert: 08:44 Uhr
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Aktualisiert: 10:07 Uhr
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Arno Troxler, Leiter des Jazz Festival Willisau, will jungen, vielversprechenden Künstlerinnen und Künstlern eine Plattform bieten.
Foto: Alessandro Petriello
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Keystone-SDADie Schweizer Nachrichtenagentur

Arno Troxler hat derzeit alle Hände voll zu tun. Kein Wunder: Nur wenige Stunden vor dem Start des Jazz Festival Willisau am 27. August läuft die Vorbereitung der Jubiläumsausgabe auf Hochtouren. Ein Telefon hier, ein Meeting dort, dazwischen Medienanfragen. «Das gehört dazu. Ich freue mich, wenn es bald losgeht», sagt der 45-jährige Festivalleiter, der an der Hochschule Luzern-Musik Schlagzeug studierte und 2006 abschloss.

Seit 50 Jahren ist das Festival in Willisau für Fans improvisierter Musik ein Pflichttermin. 1975 rief der Grafiker und Jazzliebhaber Niklaus «Knox» Troxler das erste offizielle Jazz Festival Willisau ins Leben. Damals im Saal des Hotel Mohren, später in der Festhalle. Schon zuvor hatte «Knox» regelmässig Jazz- und Swingkonzerte im Städtli organisiert. Rasch wurde Willisau zu einer der ersten Adressen für Jazz, weit über die Schweiz hinaus. Weltstars wie Archie Shepp, Anthony Braxton oder John Zorn traten hier auf und entzückten das Publikum.

«Solange ich zurückdenken kann, war das Festival Teil meines Lebens», sagt Arno Troxler im aktuellen Festivalmagazin. 2010 übernahm er die Leitung. «Anfangs wollte ich vieles anders und besser machen als mein Onkel. Mit der Zeit habe ich gemerkt, dass sich der Kern des Festivals bewährt. Und dass es gut ist, wenn vieles gleich bleibt.»

Verändert hat sich dennoch einiges. Stand das Jazz Festival anfangs im Zeichen des Free Jazz, einer Spielart ohne feste Harmonien, Melodien und Rhythmen, die stark auf Improvisation setzt, präsentiert es sich heute breiter und vielfältiger. Diese Öffnung habe schon unter seinem Onkel begonnen, betont Arno Troxler. «Der Ruf, ein reines Free-Jazz-Festival zu sein, stammt aus den ersten Festivaljahren.»

Heute gibt der Willisauer vor allem jungen, vielversprechenden Künstlerinnen und Künstlern eine Bühne. Ihm gehe es nicht um grosse Namen, sondern um Neues. Immer wieder spricht er vom Risiko, von musikalischen Wagnissen, die er bewusst eingeht. «Das Festival lebt vom Risiko. Für mich, für das Publikum, für die Künstler. Ich weiss nicht, ob der Künstler die Halle füllt, das Publikum nicht, was es erwartet, und die Künstlerin nicht, ob sie ankommt. Genau so soll es sein.»

Reisten früher viele Acts aus den USA an, ist das Programm heute stärker europäisch und schweizerisch geprägt. Aus mehreren Gründen, wie Troxler erklärt. Zum einen möchte er bewusst Schweizer Musikerinnen und Musikern eine Plattform bieten, zum anderen entstehe spannender Jazz längst nicht nur im «früheren Hotspot New York». Auch der ökologische Aspekt spiele eine Rolle: Für einen einstündigen Auftritt in der Willisauer Festhalle müsse niemand extra aus Übersee eingeflogen werden.

Ein Programmteam arbeitet daran, sowohl etablierte Künstlerinnen und Künstler als auch junge, experimentierfreudige Talente für das Festival zu gewinnen. Neben Arno Troxler halten Magda Mayas, Manuel Troller und Christian Weber Augen und Ohren offen, um aufzuspüren, was in der Musikszene passiert. «Sie bringen ihre Ideen ein und sorgen dafür, dass ich nicht in meiner eigenen Bubble bleibe», sagt Troxler. Vielfalt ist dem Leiter wichtig, beim Frauenanteil, der Herkunft und den Stilrichtungen.

Nicht nur die musikalische Vielfalt prägt das Festival. Seit jeher wird auch grosser Wert auf ein einladend gestaltetes Festzelt neben der Festhalle gelegt. Dort mischen sich das Publikum und die lokale Bevölkerung bei Gratiskonzerten. Begegnungen entstehen, die für das Festival typisch sind, erzählt Troxler: «Da kommt die Zürcher Jazzmusikerin mit dem Willisauer Feuerwehrmann nach der Feuerwehrübung bei einem Bier ins Gespräch.»

Hübsch dekoriertes Festgelände, breites kulinarisches Angebot. Reicht gute Musik alleine nicht mehr? Troxler winkt ab. «Essen und Trinken gehören dazu. Wir bieten sie bewusst nachhaltig, stimmig und mit Liebe zum Detail an. Wir machen nichts, was es nicht braucht.»

Heute Freitag startet die 50. Ausgabe. Fünf Tage lang sind auf drei Bühnen 27 Konzerte zu hören. «Es gibt viel Neues zu entdecken, die Chance, sich auf Unbekanntes einzulassen und so seinen musikalischen Horizont zu erweitern», so Troxler, bevor ihn der nächste Telefonanruf unterbricht.

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