Missbrauchte Schwestern erzählen
«Jede Nacht kam der Vater mit dem Fotoapparat»

Publiziert: 26.09.2002 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:25 Uhr
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Basel – Hinter jedem der entsetzlichen Porno-Bilder auf dem Internet steht ein missbrauchtes Kind. Zwei junge Frauen schildern BLICK, wie sie von ihrem Vater sexuell ausgebeutet und fotografiert wurden – und daran zerbrochen sind. Perverse Bilder von Anna* (23) und Sophie V.* (21) kursieren noch heute unter Pädophilen.

Anna und Sophie sind klein und zart. Altersmässig sind sie zwar längst erwachsen – ihre Körper aber sind kindlich geblieben. «Typisch für sexuell missbrauchte Kinder», erklärt ihre Betreuerin Margrith H.* BLICK. Immerhin: Anna und Sophie leben. Ihre Schwester Daniela starb vor einem Jahr mit 25: Aids!

Die drei Mädchen wurden von ihrem Vater während 10 Jahren sexuell misshandelt. «Mein Vater schlug uns mit einem Gürtel auf den nackten Po. Irgendeinen Grund fand er immer», erzählt Anna. Doch nicht eine alttestamentarische Erziehungsauffassung trieb Walter V.* zu den Prügeleien, sondern perverse Lust – und Geldgier. Denn kaum hatte er die Pos seiner Kinder blutig geschlagen, griff er zum Fotoapparat. Er knipste seine misshandelten Mädchen in den unterschiedlichsten Posen. Die Bilder verkaufte er an Bekannte.

Doch bald reichte das den Käufern nicht mehr. Sie wollten mehr. Mit fünf Jahren wird Anna zum ersten Mal von ihrem Vater vergewaltigt. Blutend liegt das Kind danach auf dem Bett – und der Vater fotografiert. Anna: «Dann kam der Vater mit dem Fotoapparat jede Nacht.» Die Attacken werden immer widerlicher. «Wenn ich daran denke, dass diese Bilder immer noch angeschaut werden, muss ich mich übergeben», erzählt sie.

Lange Zeit will niemand vom schrecklichen Schicksal der drei Mädchen etwas bemerken, selbst die Mutter schweigt. Erst eine Lehrerin der Jüngsten macht dem Treiben ein Ende. «Sie fragte mich, was das für blaue Flecken seien», erzählt Sophie. «Zuerst wollte ich nichts sagen, dann weinte ich nur noch.» Endlich handeln die Behörden.

Die Mädchen werden den Eltern weggenommen. Sie kommen in ein Kinderheim. Der Vater stirbt, bevor er zur Rechenschaft gezogen werden kann. Das Leben der Mädchen ist zerstört. Daniela ist 15, drogenabhängig, geht auf den Babystrich. Anna ist 13, psychisch angeschlagen. Sophie ist 11, sie leidet an Bulimie.

Daniela stirbt mit 25. Sophie und Anna leben heute von Sozialhilfe, ihre Verfahren für IV-Renten laufen. «Wir hatten nie eine Chance», sagt Sophie bitter.

*Namen von der Redaktion geändert

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