In welchem Ausmass Atemschutzmasken der breiten Bevölkerung gegen Coronavirus-Ansteckungen nützen, bleibt wissenschaftlich umstritten. Nicht umstritten ist, dass das Tragen von Masken in immer mehr Ländern zum Strassenbild gehört. Am Sonntag hat auch die von Corona stark betroffene Lombardei als erste italienische Region eine Mundschutzpflicht für alle Menschen eingeführt, die ihre Wohnung verlassen. Ebenfalls unumstritten ist, dass insbesondere asiatische Länder, in denen das Tragen von Masken verbreitet ist, flachere Corona-Ansteckungskurven aufweisen.
Doch auch wenn der Schutz solcher Masken für die breite Bevölkerung unumstösslich erwiesen wäre: Die Schweiz ist gar nicht in der Lage dazu, Menschen landesweit ausreichend mit solchem Schutzmaterial zu versorgen. Das Angebot im Land bleibt knapp. Selbst die keinesfalls für reisserische Ausdrücke bekannte «NZZ» spricht daher von einer «wilden Jagd nach Schutzmasken» in der Schweiz.
BLICK berichtete schon vor einer Woche: Eine Ausgabe der Masken an breite Bevölkerungsschichten lässt sich nicht bewältigen. Der Bund hat den eigenen Pandemieplan verschlagen, der genau festgelegt hat, wie viele Schutzmasken die Gesundheitsinstitutionen für den Ernstfall lagern sollen.
Unzimperliche Wildwestmethoden
Während Daniel Koch (64), «Mister Corona» beim Bundesamt für Gesundheit BAG, gegenüber der Bevölkerung weiterhin versichert, dass ein zusätzlicher Schutz von Schutzmasken nicht nachgewiesen sei, haben die Bundesbehörden offenbar alle Hebel in Bewegung gesetzt, «grösstmögliche Mengen» an Schutzmaterial zu beschaffen, wie die «NZZ» berichtet.
Dies, während weltweit eine Jagd nach Schutzmasken ausgebrochen ist. Unzimperliche Wildwestmethoden greifen um sich. Es wird mit harten Bandagen gekämpft, um an die begehrte Ware zu kommen. Nachdem Deutschland und Frankreich solche Lieferungen in die Schweiz im März erst blockiert hatten, liessen jetzt auch die USA in Thailand Schutzmasken abfangen und nach Amerika umleiten, die für Deutschland und Frankreich bestimmt waren. Berichten zufolge soll Israel sogar seinen Geheimdienst Mossad beauftragt haben, medizinische Schutzausrüstungen und Corona-Tests zu beschaffen.
Die Welt brauche «Milliarden Masken», wie der bayrische Ministerpräsident Markus Söder (53) beklagte, während in Frankreich mittlerweile von einem «guerre des masques» die Rede ist, von einem «Maskenkrieg». Jedes Land scheint sich selbst das nächste. Die Schweiz hat das Nachsehen, Masken bleiben im Land Mangelware. In den meisten Apotheken und Drogerien gibt es gar keine mehr.
Reserven reichen fünf Tage
Demnach hat der Bund seit Ausbruch der Corona-Krise Ende Februar rund 17,5 Millionen Hygiene- und Atemschutzmasken gekauft. Doch der Bedarf ist deutlich grösser. Laut einer Studie der ETH bräuchte die Schweiz drei bis vier Millionen Hygienemasken pro Tag. Der Bund hat derzeit rund 13 Millionen in Reserve.
«Zurzeit kauft man alles, was man kaufen kann», zitiert die Zeitung dazu einen Bundesbeamten, der Einblick ins Beschaffungswesen hat. Ähnliche Worte bei der Schweizerischen Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK). «Beim Schutzmaterial setzen die Behörden seit Tagen alles daran, grösstmögliche Mengen zu beschaffen und die Produktion in der Schweiz auszubauen», so Sprecher Tobias Bär.
Von einer Empfehlung wie in Österreich und den USA, dass Menschen in der Öffentlichkeit eine Schutzmaske tragen sollen, muss Bern notgedrungen weiter absehen. Die Reserven des Bundes wären nach fünf Tagen erschöpft. (kes)