Berner Söldner schlagen im 19. Jahrhundert im Dienst der Niederlande Aufstände in Südostasien und in der Karibik nieder. Die Republik Bern will bereits im 18. Jahrhundert vom Handel über den Atlantik profitieren und investiert kräftig in Unternehmen, die im Sklavenhandel tätig sind. Und die Geranie, die heute zahlreiche Bauernhäuser im Berner Oberland ziert, kommt ursprünglich aus Südafrika. Auch dort sind Berner Söldner im 19. Jahrhundert Seite an Seite mit den Niederländern aktiv.
Das sind nur einige Beispiele, die zeigen: Die Schweiz hat den kolonialistischen Machenschaften der europäischen Grossmächte mitnichten tatenlos zugeschaut. Ihre Verstrickungen waren vielfältig und lukrativ (SonntagsBlick berichtete). Eine Initiative der Stiftung Cooperaxion will nun am Beispiel der Stadt Bern zeigen, wie sehr kolonialistische Überbleibsel die Bundesstadt noch heute prägen.
Dazu hat die Stiftung jetzt einen interaktiven Stadtplan auf der Website bern-kolonial.ch aufgeschaltet. Karl Johannes Rechsteiner (61), Initiant des Projekts, erklärt: «Wir wollen die Bevölkerung für das Thema sensibilisieren und ein Bewusstsein für die Kolonialgeschichte schaffen.» Alles getreu dem Motto: Grabe dort, wo du stehst.
Auseinandersetzung mit der Geschichte
Finanziert wird das Projekt von Gönnern, aber auch von der Stadt Bern. Diese schreibt auf Anfrage: «Das Projekt gibt einen neuen Denkanstoss im Dialog über Rassismus und Kolonialismus. Und die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte ist die Basis für ein glaubwürdiges Engagement gegen Rassismus heute.»
Karl Johannes Rechsteiner möchte den digitalen Stadtplan als Pionierleistung und Vorbild für weitere Städte in der Schweiz verstehen: «Wir stehen mit vielen ähnlichen Initiativen in der ganzen Schweiz in Kontakt.» Denn nicht nur Bern habe sich kolonial bereichert. «Unser Ziel ist es, uns in Zukunft besser zu vernetzen und die koloniale Geschichte der Schweiz so noch präsenter zu machen.» Denn diese koloniale Geschichte ist noch längst nicht zu Ende erzählt.