Jagd auf Schweizer Kunden
Aldi überweist Mehrwertsteuer

Der Einkaufstourismus entlang der Grenze wächst. Nun wollen die Deutschen auch den letzten Schweizer Kunden abholen.
Publiziert: 21.10.2011 um 23:37 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 12:39 Uhr
Von Ulrich Rotzinger

Der Schweizer Detailhandel stöhnt: So viele Einkaufstouristen wie nie zuvor zieht es derzeit ins grenznahe Euro-Ausland. Gleichzeitig wächst bei deutschen Zöllnern der Ärger, weil sie massiv mehr Arbeit bei den Personen- und Ausfuhrkontrollen haben (BLICK berichtete).

Jetzt verschärfen die Deutschen den Kampf um Schweizer Shopper. Im Visier sind jene, die bisher den langen Anfahrtsweg und die umständliche Rückerstattung der Mehrwertsteuer scheuten. Allen voran Aldi Süd: Der Discounter hat in 30 Läden von Konstanz bis Lörrach die Rückvergütung der Mehrwertsteuer massiv vereinfacht.

Die Mehrwertsteuer wird zu 100 Prozent ausgezahlt

Seit 1. Oktober fällt nicht nur der bisherige Mindesteinkaufspreis von 40 Euro weg. Auch die Mehrwertsteuer wird zu 100 Prozent ausgezahlt und nicht mehr wie bislang zu 75 Prozent. Einzige Voraussetzung: Schweizer Kunden müssen eine Aldi-Tax-Free-Karte beantragen. Diese erlaubt, dass der Ausfuhrschein automatisch an der Kasse ausgestellt werden kann.

Pro Person und Tag dürfen Waren im Wert von 300 Franken abgabenfrei in die Schweiz eingeführt werden. Um die 19 Prozent deutsche Mehrwertsteuer – im obigen Beispiel 57 Franken – zurückzubekommen, müssen Schweizer nur noch den Stempel am deutschen Zoll abholen und den Zettel per Post an den Händler schicken. Interessant für Gelegenheits-Shopper: Der erneute Gang in den Laden entfällt, das Geld wird bequem auf das Bankkonto überwiesen, das auf der Karte hinterlegt ist.

Erste Nachahmer

Das Mehrwertsteuer-System von Aldi findet erste Nachahmer: «Unsere Schweizer Kundschaft soll bequemer einkaufen können», bestätigt Peter Herrmann. Der Chef des Konstanzer Einkaufscenters Lago mit 70 Läden wie Zara, H & M oder DM Drogeriemarkt weiss: «Grössere Ketten und etablierte Fachgeschäfte arbeiten an der Umstellung der Kassensysteme.» Namen wollte er nicht nennen.

Mehr als ein Drittel seiner Kunden komme mittlerweile aus der Schweiz. Herrmann: «Das Geschäft läuft besser denn je.» Setzt sich die vereinfachte Rückerstattung durch, wird der Einkaufstourismus noch mehr wachsen. Schweizer Detailhändler schlugen in der Vergangenheit bereits Alarm: Konsumenten werden 2011 bis zu 3 Milliarden Franken ins Ausland tragen.

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