Das altehrwürdige Restaurant Della Casa in Bern liegt einen Steinwurf vom Bundeshaus entfernt. Kein Wunder, zählt auch der Bundesrat zu den Stammgästen. Nach ihrer in aller Regel mittwochs stattfindenden Wochensitzung tafelt die Regierung regelmässig im Della Casa. Das hindert dessen Inhaber, Tobias Burkhalter, nicht daran, scharfe Kritik am Bundesrat zu üben. Burkhalter präsidiert Gastro Stadt Bern und Umgebung. Er führt fünf Restaurants sowie ein Restaurant-Hotel.
SonntagsBlick: Herr Burkhalter, am Donnerstag hat der Bundesrat den Ausstieg aus dem Lockdown bekannt gegeben. Zu den Restaurants hat er sich nicht geäussert: Wann sie öffnen können, bleibt unklar.
Tobias Burkhalter: Mich hat diese Pressekonferenz putzhässig gemacht! Ich finde es unglaublich, dass der Bundesrat unsere Branche noch nicht mal erwähnt, während von den Coiffeuren fünfzig Mal die Rede ist. Das zeugt für mich von fehlender Wertschätzung. Zumal unsere Branche rund eine Viertelmillion Angestellte zählt.
Am Tag darauf hat der Bundesrat indirekt reagiert: Der Corona-Delegierte Daniel Koch gab bekannt, man werde das Thema «mit Sicherheit nochmals anschauen». Sind Sie damit zufrieden?
Wir brauchen keine vagen Versprechen, wir brauchen jetzt Klarheit!
Was erwarten Sie?
Der Bundesrat muss in den nächsten zwei, drei Tagen einen Fahrplan bekannt geben. Ich sage nicht, dass alles schon im Detail klar sein muss: Wie viele Personen pro Quadratmeter zugelassen sind, oder ob man zuerst die Aussenbereiche öffnet. Aber wir müssen wissen, wann wir wieder öffnen können.
Warum ist das so wichtig?
Mit jeder Woche, während der die Restaurants und Hotels geschlossen bleiben, häufen sich Schulden an: Mieten, Versicherungsprämien, Sozialabgaben für die Angestellten auf Kurzarbeit. Falls der Lockdown drei oder vier Monate andauert, macht es für einige Betreiber keinen Sinn, diese Ausgaben weiter zu tätigen: Sie wissen, dass sie diesen Schuldenberg niemals werden abbezahlen können. Die Marge im Gastgewerbe liegt bei unter einem Prozent.
Sie führen selber fünf Restaurants und ein Restaurant-Hotel. Werden Sie alle Ihre Betriebe wieder öffnen können?
Um die Restaurants mache ich mir weniger Sorgen. Wir haben dort relativ viele Aussenbereiche, zudem kann man bei wenigen Gästen weniger Personal einsetzen. Aber beim Hotel ist die Saison so gut wie gelaufen. Wir werden nie auf jene Zahlen kommen, die wir brauchen, um die Miete zu bezahlen. Zumal im Herbst auch die Gäste aus dem Ausland ausbleiben werden.
Droht dem Hotel die Schliessung?
Ich hoffe, mit meinem Vermieter eine einvernehmliche Lösung zu finden. Auch das ist aber erst möglich, wenn das Ende des Lockdowns feststeht. Sonst fehlt mir die Grundlage, um die Ertragsausfälle zu berechnen. Falls das jedoch nicht klappt – ja, dann droht die Schliessung.
Die ausstehenden Mieten sind für viele Beizer ein Problem: Sie fürchten, diese jahrelang nicht abbezahlen zu können.
Genau aus diesem Grund braucht es hier Unterstützung durch den Bund. Handeln muss der Bund aber auch bei jenen Versicherungen, die sich ungerechtfertigterweise weigern einzuspringen. Es kann doch nicht sein, dass ich eine hohe Prämie auf meinen ganzen Jahresumsatz zahle und die Versicherung einen im Regen stehen lässt mit dem Hinweis, es handle sich bei der Corona-Krise um eine Pandemie und nicht um eine Epidemie.