Wachtmeister Hanspeter L.* greift zu krassen Mitteln, um widerspenstige Bürger zur Vernunft zu bringen. So heftete er in St. Margrethen SG eine «polizeiliche Aufforderung» an den Briefkasten eines Schuldners – für jeden sichtbar, auf knallrotem Papier. Darin ordnet der Pranger-Polizist umgehend einen Besuch beim Betreibungsamt an. Ansonsten drohe die baldige Verhaftung. Der selbsternannte Dorfsheriff wählt dafür deftige Worte und wird sogar ausländerfeindlich.
Deftige Worte im Schreiben: «Charakterlos» und «unverschämt»
O-Ton: «Gemäss Bericht des Betreibungsamtes St. Margrethen hätten Sie am 24. November vorbeigehen müssen. Dies, nachdem ich Sie dazu aufgefordert habe. Leider haben Sie den Termin nicht eingehalten. Es ist von Ihnen charakterlos und unverschämt. Offenbar ist Ihnen alles egal. Wenn Sie schon in der Schweiz wohnhaft sind und arbeiten wollen, haben Sie sich auch an die Gesetze und Pflichten zu halten. Wenn Sie damit Mühe haben, wäre es sinnvoll, dass Sie mindestens von St. Margrethen wegziehen würden!»
Als Nachbarn im Quartier das Schreiben entdecken, sind sie schockiert. Für sie ist der Aushang diskriminierend: «So geht es ja nicht. Hier wird jemand mir nichts, dir nichts an den Pranger gestellt.»
Dorfpolizist steht zu seiner Pranger-Methode
BLICK konfrontiert den Wachtmeister mit den Vorwürfen. Er steht zu seiner Praxis: «Ich habe die Personen wochenlang aufgefordert. Immer erfolglos.» Nach eigenen Angaben versuchte er es per Schreiben, per Handy und direkt an der Haustür. Irgendwann wusste er nicht weiter: «Deshalb habe ich den Zettel an den Briefkasten geklebt.» Und er ergänzt: «Jeder Polizist hat seine eigenen Methoden.» Seine Erfahrung zeige: «Wenn sonst nichts geht, muss man es so machen.»
Ganz anderer Meinung ist Gian Rezzoli, Sprecher der Kantonspolizei St. Gallen: «Das Vorgehen unserers Mitarbeiters entspricht nicht unseren Gepflogenheiten», hält er schriftlich fest. Und: «Wir werden das mit dem Mitarbeiter besprechen und korrigierend eingreifen.»
* Name der Redaktion bekannt