Hoher Zeitdruck, rasche Zulassung
Das braucht es für den Corona-Impfstoff

Die globale Kooperation zur Erforschung eines wirksamen Impfstoffes gegen Covid-19 ist beispiellos. Experten mahnen zur Geduld, Forscherteams rund um die Welt wollen aber noch in diesem Jahr ein Präparat haben. Auch in der Schweiz.
Publiziert: 10.05.2020 um 15:48 Uhr
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Aktualisiert: 11.05.2020 um 07:23 Uhr
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Die Arbeiten an einem wirksamen Impfstoff gegen Covid-19 laufen rund um den Globus auf Hochtouren.
Valentin Rubin

So unterschiedlich Länder ­weltweit mit der Corona-­Pandemie umgehen, so einig sind sie sich in einem: Es braucht ­einen wirksamen Impf­stoff. Und zwar schnell. Letzten Montag wurden an einer internationalen Geberkonferenz umgerechnet 7,9 Milliarden Franken für die Erforschung eines Impf­stoffs gegen Covid-19 gesammelt. Ein wichtiger Schritt, aber noch lange nicht genug.

Die Forschung läuft auf Hochtouren. «Der Druck ist riesig», sagt Daniel Speiser, Mediziner an der Uni Lausanne. «Auch wenn der Austausch unter den Forscherteams, den Start-ups und den Pharmaunternehmen intensiv wie selten ist.»

Über 100 vielversprechende Projekte

Allein die WHO listet über 100 vielversprechende Forschungs­projekte. «Das gibt Anlass zur Zuversicht», meint Lukas Jaggi, Sprecher des Schweizerischen Heil­mittelinstituts Swissmedic. Noch sei kaum abzuschätzen, wer das ­Rennen mache. «Die Zulassungsbehörden können erst entscheiden, wenn sie genügend Informationen haben.» Über Sars-CoV-2 ist noch immer wenig bekannt – ebenso wenig über die Sicherheit und Wirksamkeit potenzieller Impfstoffe.

Der aussichtsreichste Ansatz für ein Impfpräparat kommt aus Oxford (GB). Am dortigen Jenner Institute wurde ein Präparat schon erfolgreich an Rhesusäffchen getestet. Klinische Studien mit Tausenden Probanden sind Ende Mai geplant. Ende Jahr will das Institut 100 Millionen Präparate produzieren.

Schweizer Impfstoff bis Ende Jahr?

Auch hierzulande wird geforscht. Speerspitze hierzulande ist das Team um Immunologe Martin Bachmann am Berner Inselspital: «Im September sollten die klinischen Tests beginnen.» Ähnlich wie das Jenner Institute hofft er auf einen Impfstoff bis Ende Jahr. «Wir sind schnell vorangekommen, weil wir früh mit Kollegen in China in Kontakt standen.»

Bachmanns Präparat besteht aus einer harmlosen Attrappe des ­Coronavirus. Wird dieses dem Menschen injiziert, reagiert der Körper und produziert Antikörper, die im Falle einer effektiven In­fektion schützen sollen. «Bis jetzt waren unsere Tests erfolgreich.»

Zeitdruck für Forschung, Zulassung und Produktion

Immunologe Daniel Speiser geht davon aus, dass ein Impfstoff erst ­­ in ein, zwei Jahren vorhanden sein wird – «im Idealfall». Er betont aber: «Das Virus ist vergleichs­weise wenig komplex. Es sollte per se nicht allzu schwierig sein, einen Impfstoff zu entwickeln.» Die He­rausforderung stelle vielmehr der Zeitdruck für die Forschung und Zulassung sowie die Produk­tion in grossem Umfang dar. «Normalerweise dauert das zehnmal länger.»

Lukas Jaggi von Swissmedic meint dazu: «Wir räumen der Begutachtungszeit höchste Priorität ein, aber Sicherheit und Qualität ­eines Impfstoffs gehen vor.» Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine beschleunigte Zulassung seien in der Schweiz vorhanden. «Möglich ist befristete Zulassung. Wir würden dann Gesuche be­gutachten, während klinische Studien noch laufen.»

«Internationale Kooperation ist unabdingbar»

Sofern im Ausland eine Zulassung vorliegt oder ein gemeinsames Gesuch eingereicht wird, könne der Prozess auch in der Schweiz beschleunigt werden. Im letzteren Fall wäre Swissmedic bereits mit Australien, Kanada und Singapur ­ in einem Konsortium von mittel­grossen Regulierungsbehörden vertreten. Jaggi: «Internationale Kooperation ist unabdingbar.»

Durch Koordination profitieren die vielen Impfprojekte voneinander. Es ist davon auszugehen, dass am Ende mehrere Präparate auf dem Markt sind. Das ist gut und wichtig, denn der Produktionsbedarf wird immens sein. Sollte eine Person mehrmals geimpft werden müssen – davon gehen einige Experten aus –, dann wären 15 Milliarden Dosen nötig. Eine Firma allein könnte das in abseh­barer Zeit kaum stemmen.

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