Grosse Trauer um Hans Jucker
«Adieu mitenand»

Hans Jucker ist tot! Der ehemalige Kult-Kommentator des Schweizer Fernsehens starb gestern im Alter von 65 Jahren an einem Herzinfarkt. Die Trauer ist gross. Sein Bruder Peter: «Hans hatte noch so viel vor in seinem Leben.»
Publiziert: 20.02.2011 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 17:28 Uhr
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Von Marcel W. Perren, André Häfliger und Daniel Leu

Träume hatte er noch viele. «Ich möchte als Privatperson Sportanlässe besuchen, mir ein GA kaufen, die Schweiz bereisen, und ich werde mir zum ersten Mal in meinem Leben einen Computer kaufen», sagte Hans Jucker Anfang Januar im grossen SonntagsBlick-Interview.

Jucker kam nicht mehr dazu, seine Träume zu verwirklichen. Er verstarb gestern im Alter von 65 Jahren. «Wir bestätigen den Tod von Hans Jucker», schreibt die Zürcher Kantonspolizei. «Fremdeinwirkung kann ausgeschlossen werden. Die Todesursache wird nun durch das Institut für Rechtsmedizin abgeklärt.»

Ein herzlicher Mensch

Die Nachricht von Juckers Tod machte schnell die Runde. Bernadette Reichmuth (52) ist Geschäftsführerin vom Arche-Pub in Affoltern am Albis, das Jucker gehört hat. Sie ist schockiert: «Als ich die Todesnachricht gegen 18 Uhr erfuhr, konnte ich es einfach nicht glauben. Ich brach in Tränen aus. Als ich wieder einigermassen gefasst war, rief ich sofort im Pub an und liess es schliessen. Hans war ein so korrekter, geselliger, humorvoller und herzlicher Mensch. Wir sind unendlich traurig. Niemand weiss, wie es hier weitergehen soll.»

Die Kreuzfahrt war schon gebucht

«Es ist ein grosser Schock», sagt Hans Juckers Bruder Peter (62). Er spricht mit trauriger Stimme. «Hans hatte noch so viel vor in seinem Leben. Für den April hatte er schon eine zweiwöchige Kreuzfahrt gebucht. Darauf freute er sich besonders.»

Peter Jucker über die Todesursache: «Mein Bruder ist an einem Herzinfarkt gestorben, aber den genauen Untersuchungsbericht müssen wir noch abwarten.»

Ein charismatischer Kommentator

Erschüttert ist man auch beim Schweizer Fernsehen. Urs Leutert, Leiter Sport: «Mit Hans Jucker verliert die Schweizer Sport- und Medienszene einen charismatischen Kommentator, dessen einzigartige Stimme die Berichterstattung in den vergangenen 46 Jahren geprägt hat.»

Bevor Hans Jucker seine einzigartige Karriere als TV-Kommentator lanciert hatte, wurde er nach einer Verwaltungslehre in Aeugst im Säulimat zum jüngsten Gemeindeschreiber, den die Schweiz je gewählt hatte. Weil der Hansli zu diesem Zeitpunkt noch nicht volljährig war, musste sein Vater die Dokumente unterschreiben.

Kurz vor seinem 20. Geburtstag unterschrieb Jucker beim Schweizer Fernsehen einen Vertrag als freier Mitarbeiter. Es war am Björnstadt-Gedenklanglauf im Gantrischgebiet, als der Nachwuchs-Reporter erstmals mit einem SRG-Mikrofon für Furore sorgte. Es war aber kein Einstand nach Mass. Weil Hans und sein Kameramann den Zieleinlauf des Siegers verpassten, mussten sie diesen nach der Preisverteilung überreden, dass er die letzten 200 Meter nochmals für die SF-Kamera läuft.

Die Allzweckwaffe

Trotz dieses Fehlstarts etablierte sich Jucker im Leutschenbach schnell zu einer unverzichtbaren Allzweckwaffe. Weil der Rotschopf ein Meister im Improvisieren war, konnte er stundenlang über eine Sportart berichten, von der er wenig bis gar keine Ahnung hatte.

Den wohl eindrücklichsten Beweis dafür lieferte der Hans Dampf in allen Sportgassen 2002 bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City. Weil der damalige SF-Eiskunstlauf- und Curling-Spezialist Max Wolf kurz vor dem Abflug einen Autounfall hatte, musste Jucker kurzfristig einspringen. Von beiden Sportarten wusste er nicht viel mehr, als dass sie irgendetwas mit Eis zu tun haben. Doch Hans wusste sich schnell zu helfen. In der Curlinghalle funktionierte er kurzfristig einen fachkundigen Schweizer Volontär in seinen Co-Kommentator um. Nach seiner ersten Woche als Curling-Kommentator erklärte «Jucki» dem BLICK-Reporter euphorisch: «Jetz han i vier Curling-Spiel überträit, und langsam aber sicher kapier ich sogar dReglä…»

Obwohl er in seinem Leben rund 10 000 Stunden live auf Sendung war, liess sich Jucker beim Schweizer Fernsehen nie fest anstellen. Nebenbei war er noch als Wirt, Treuhänder und als Platzsprecher bei verschiedensten Veranstaltungen tätig. Hans betonte immer wieder, dass er als Speaker die unglaublichsten Dinge erlebt habe: «Einmal machte ich den Lautsprecher beim Motocross in Rothenthurm. Vor dem Start musste ich dem OK-Präsidenten versprechen, dass ich während des Rennens mindestens 75 Mal ‹Innä ha, umä ha – Yamaha› sagen werde».

Legendär war auch Juckers Beziehung zu technischen Hilfsmitteln. Nach einer längeren Anlaufzeit konnte er zwar SMS verschicken, aber von Laptops und E-Mails wollte er in seinem Berufsleben nichts wissen.

Vor 3 Wochen in Rente

Am 30. Januar 2011 war Juckers Stimme zum letzten Mal am TV zu hören, beim CSI Zürich. Seine Abschiedsworte: «Nach knapp 46 Jahren darf ich mich vom Mikrofon des Schweizer Fernsehens verabschieden. So sage ich heute also nicht ‹Auf Wiedersehen›, sondern ganz einfach ‹Adieu mitenand!›»

Drei Wochen später war Jucker, dessen Schnauz sein Markenzeichen war, tot. Auf die Frage, ob er seinen Schnäuzer nach der Pensionierung abschneiden werde, sagte er im SonntagsBlick: «Nein, der kommt mit ins Grab.»

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