Auch ohne Gummi
Medikamente stoppen HIV-Übertragung

Heilbar ist HIV bisher nicht. Doch das Virus lässt sich im Körper so stark zurückdrängen, dass es kaum mehr nachweisbar ist. Eine solche Therapie verhindert Ansteckungen zuverlässig, bestätigt eine Studie. Experten betonten die Wichtigkeit, sich früh testen zu lassen.
Publiziert: 05.05.2019 um 04:21 Uhr
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Aktualisiert: 07.05.2019 um 09:57 Uhr
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Bestimmte HIV-Medikamente sollen die Übertragung des Virus auf Sexualpartner verhindern. Und dies auch bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr. Das besagt eine neue Studie.
Foto: SDA

Eine gross angelegte Studie mit homosexuellen Paaren belegt, dass die Einnahme bestimmter HIV-Medikamente die Übertragung des Virus auf Sexualpartner verhindern kann. Wie Wissenschaftler um Alison Rodger vom University College London im Fachmagazin «The Lancet» berichten, wurden für die Studie rund 780 schwule Paare aus 14 europäischen Ländern mit jeweils einem HIV-infizierten Partner im Mittel zwei Jahre lang begleitet. Im gesamten Zeitraum habe sich keiner der nicht infizierten Partner bei seinem Lebensgefährten angesteckt - trotz ungeschützten Geschlechtsverkehrs.

Die HIV-infizierten Partner seien mit antiretroviralen Medikamenten behandelt worden, die das Virus auf ein sehr niedriges Niveau im Körper bringen. Das Ergebnis der Studie bestätige die Annahme vieler Experten, dass «nicht nachweisbar auch nicht übertragbar» bedeute, hiess es vom Fachjournal. Andere Studien mit heterosexuellen oder homosexuellen Paaren hatten zuvor bereits vergleichbare Daten geliefert.

Das Uno-Programm Unaids begrüsste die neuen Ergebnisse als «grossartige Neuigkeiten». «Mit HIV lebende Menschen haben nun die Bestätigung, dass sie - regelmässige Medikamenteneinnahme und eine geringe Viruslast vorausgesetzt - nicht infektiös sind», erklärte Unaids-Chef Michel Sidibé. Das werde ihre Selbstachtung und ihr Selbstvertrauen verbessern.

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Thinkstock

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Ende der HIV-Pandemie?

«Diese starke Botschaft kann helfen, die HIV-Pandemie zu beenden, indem sie die HIV-Übertragung verhindert und das Stigma und die Diskriminierung vieler Menschen mit HIV bekämpft», ist auch Rodger überzeugt. Das Risiko einer Ansteckung für Homosexuelle sei gleich Null, solange der mit HIV infizierte Geschlechtspartner konsequent die entsprechenden Medikamente einnehme und die Viruslast im Körper in der Folge sehr gering sei.

Ein grosser Teil aller HIV-Übertragungen geht Unaids zufolge allerdings auf die Phase zurück, in der sich Menschen gerade selbst angesteckt haben, aber noch nichts von ihrer Infektion wissen. Ihre Viruslast ist mangels entsprechender Therapie hoch und das Risiko, den Erreger weiterzugeben, daher vergleichsweise gross.

Unaids hofft darauf, dass die Ergebnisse mehr Menschen dazu bringen, sich möglichst früh testen zu lassen und gegebenenfalls eine Therapie zu beginnen. Das Ziel müsse zudem weltweit sein, allen HIV-positiven Menschen Zugang zu Tests und einer effektiven Behandlung zu ermöglichen, betonen Uno-Programm und Studienautoren gleichermassen.

Historischer Tiefstand von Ansteckungen in der Schweiz

Die Abkürzung HIV steht für Humanes Immundefizienz-Virus. Der Erreger wird meist beim Sex übertragen. Unbehandelt führt eine Infektion zu einer zunehmenden Schädigung des körpereigenen Abwehrsystems und darauf folgend auch oft zum Tod. Mit Medikamenten lässt sich die Entwicklung der Immunschwächekrankheit Aids heute aber aufhalten.

In der Schweiz lebten nach Angaben der Aids-Hilfe rund 20'000 Menschen mit HIV. Die Zahl der Neuinfektionen im Jahr 2017 betrug 445 - ein historischer Tiefstand und 16 Prozent weniger als im Jahr davor. (SDA)

Fast 40 Jahre HIV und Aids
  • 1981
    Am 5. Juni 1981 schlagen die US-Gesundheitsbehörden Alarm wegen des Auftretens einer selten Form der Lungenentzündung bei jungen Homosexuellen in Kalifornien.
    In den kommenden Monaten werden dieselben Symptome bei Drogenabhängigen, bei mit Transfusionen behandelten Blutern und in den USA lebenden Haitianern gefunden.
     
  • 1982
    Der Fachausdruck Aids (Acquired immune defiency syndrome) beginnt sich durchzusetzen.
     
  • 1983
    Im Januar isolieren die Forscher Françoise Barré-Sinoussi und Jean-Claude Chermann unter Leitung von Luc Montagnier ein neues Virus namens LAV, das mit Aids in Zusammenhang stehen könnte.
     
  • 1984
    Am 23. April gibt Robert Gallo bekannt, den "wahrscheinlichen" Aids-Verursacher gefunden zu haben: HTLV-III. Bei LAV und HTLV-III handelt es sich um dasselbe Virus. 1986 wird es HIV genannt.
     
  • 1985
    Der erste Prominente stirbt an Aids, der Schauspieler Rock Hudson.
     
  • 1987
    Am 20. März 1987 wird in den USA das erste Medikament zugelassen: AZT. Es hat zahlreiche schwere Nebenwirkungen.
     
  • Anfang der 90er Jahre
    Eine ganze Reihe von Prominenten stirbt an Aids, unter ihnen Queen-Frontmann Freddie Mercury, der Ballettstar Rudolf Nurejew oder der deutsche Tennisprofi Michael Westphal.
     
  • 1995/1996
    Neue Medikamente kommen auf den Markt: Die Kombinationstherapien beginnen, die sich als sehr wirksam erweisen. 1996 geht die Zahl der Aids-Toten in den USA erstmals zurück.
     
  • 1999
    Die Weltgesundheitsorganisation zählt 50 Millionen Infizierte und 16 Millionen Tote seit Beginn der Epidemie.
     
  • 2001
    Generika werden erlaubt, um den Entwicklungsländern die Herstellung von Aids-Medikamenten zu ermöglichen.
     
  • 2012
    In den USA wird das Medikament Truvada zugelassen, ein Mittel zur Prophylaxe.
     
  • 2017
    Erstmals sind laut Uno die Hälfte der Infizierten in Behandlung. 36,9 Millionen sind 2017 als infiziert gemeldet, rund 35 Millionen seit 1981 gestorben.
     
  • 2019
    Zum zweiten Mal weltweit ist ein HIV-Patient nach einer Stammzellen-Transplantation virenfrei. Die bis dato einzige anerkannte Heilung eines Aids-Patienten ist der Fall des US-Bürgers Timothy Brown, bei dem in den 90er Jahren in Berlin Aids diagnostiziert worden war.
  • 1981
    Am 5. Juni 1981 schlagen die US-Gesundheitsbehörden Alarm wegen des Auftretens einer selten Form der Lungenentzündung bei jungen Homosexuellen in Kalifornien.
    In den kommenden Monaten werden dieselben Symptome bei Drogenabhängigen, bei mit Transfusionen behandelten Blutern und in den USA lebenden Haitianern gefunden.
     
  • 1982
    Der Fachausdruck Aids (Acquired immune defiency syndrome) beginnt sich durchzusetzen.
     
  • 1983
    Im Januar isolieren die Forscher Françoise Barré-Sinoussi und Jean-Claude Chermann unter Leitung von Luc Montagnier ein neues Virus namens LAV, das mit Aids in Zusammenhang stehen könnte.
     
  • 1984
    Am 23. April gibt Robert Gallo bekannt, den "wahrscheinlichen" Aids-Verursacher gefunden zu haben: HTLV-III. Bei LAV und HTLV-III handelt es sich um dasselbe Virus. 1986 wird es HIV genannt.
     
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    Der erste Prominente stirbt an Aids, der Schauspieler Rock Hudson.
     
  • 1987
    Am 20. März 1987 wird in den USA das erste Medikament zugelassen: AZT. Es hat zahlreiche schwere Nebenwirkungen.
     
  • Anfang der 90er Jahre
    Eine ganze Reihe von Prominenten stirbt an Aids, unter ihnen Queen-Frontmann Freddie Mercury, der Ballettstar Rudolf Nurejew oder der deutsche Tennisprofi Michael Westphal.
     
  • 1995/1996
    Neue Medikamente kommen auf den Markt: Die Kombinationstherapien beginnen, die sich als sehr wirksam erweisen. 1996 geht die Zahl der Aids-Toten in den USA erstmals zurück.
     
  • 1999
    Die Weltgesundheitsorganisation zählt 50 Millionen Infizierte und 16 Millionen Tote seit Beginn der Epidemie.
     
  • 2001
    Generika werden erlaubt, um den Entwicklungsländern die Herstellung von Aids-Medikamenten zu ermöglichen.
     
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    In den USA wird das Medikament Truvada zugelassen, ein Mittel zur Prophylaxe.
     
  • 2017
    Erstmals sind laut Uno die Hälfte der Infizierten in Behandlung. 36,9 Millionen sind 2017 als infiziert gemeldet, rund 35 Millionen seit 1981 gestorben.
     
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    Zum zweiten Mal weltweit ist ein HIV-Patient nach einer Stammzellen-Transplantation virenfrei. Die bis dato einzige anerkannte Heilung eines Aids-Patienten ist der Fall des US-Bürgers Timothy Brown, bei dem in den 90er Jahren in Berlin Aids diagnostiziert worden war.
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