Ein Direktionsbüro mit Blick auf die Limmat, Donnerstagmorgen. Giulia (12) sitzt aufrecht in einem schwarzen Bürosessel und blättert in einem Buch. Fast sieht sie aus wie eine richtige Chefin. Die Siebtklässlerin aus Gockhausen ZH ist eines von 500 Mädchen, die am Zukunftstag im Rahmen des neuen Projektes «Ein Tag als Chefin» 150 Frauen in Führungspositionen begleiteten. Zusammen mit Martina (13) aus Berikon AG und Barbora (12) aus Küsnacht ZH konnte Giulia der Direktorin des Amts für Hochbauten, Wiebke Rösler Häfliger (52), über die Schultern schauen.
Das Projekt soll Chancengleichheit fördern. Noch immer fehlen weibliche Vorbilder in Führungspositionen. Schülerin Martina gibt vor allem alten Denkmustern die Schuld: «Wenn man sich einen Chef vorstellt, denkt man automatisch an einen älteren Mann», sagt sie kopfschüttelnd. Und: «Ich glaube es ist schwieriger für Frauen Chefin zu werden, weil sie oft unterschätzt werden.»
«Frauen müssen hartnäckiger sein»
Das kann Wiebke Rösler Häfliger bestätigen. Auch sie musste sich ihren Weg an die Spitze erkämpfen: «Als ich mich in Bern auf die Direktoren-Stelle bewarb, sagte ein Vorgesetzter zu mir, dass Frauen keine Chefinnen sind und in die Küche gehören», erzählt sie den Mädchen. Doch nun sei sie seit zehn Jahren Direktorin in Zürich: «Frauen müssen vielleicht etwas hartnäckiger sein als Männer.»
Noch beträgt der Frauenanteil in den Chefetagen der wichtigsten Schweizer Unternehmen nicht mal zehn Prozent. Das sollen Projekte wie «Ein Tag als Chefin» ändern. Die drei Mädchen zumindest sind überzeugt, dass sie den Job schaffen könnten: «Ich wäre eine gute Chefin, weil mich schon jetzt viele Leute um Rat bitten», sagt Barbora. «Und ich, weil ich gut Entscheide treffen kann», begründet Giulia. Sieht man, wie die Mädchen im Chefinnen-Sessel posieren, scheint eine weiblichere Zukunft in Schweizer Führungsetagen gar nicht mehr so fern.